Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Unstrutnixe und ein Fluss, der bergauf fließt
Sagen und Fakten über Mühlhäuser Wasserläufe: Thomas Peter präsentiert Dokumentation
MÜHLHAUSEN. „Einst saß ein Mönch wegen allerlei Vergehen in der Gefängniszelle des Rabenturms und wartete auf seinen Prozess.“So oder so ähnlich beginnt die wohl bekannteste Sage von Mühlhausen. Das Flüsschen Breitsülze spielt dabei die zentrale Rolle. Welcher Ort kann schon mit einem Wasserlauf aufwarten, der bergauf fließt – oder zu mindest den Anschein dafür erweckt?
Als technisches Denkmal ist die Breitsülze hoch interessant. Ihr Gefälle liegt bei nur 1, 80 Metern auf 5,5 Kilometer. Um einen Zentimeter Höhenunterschied zu überwinden, muss der Bach also eine Strecke von fast 300 Metern zurücklegen.
Derlei Fakten und Sagen hat Thomas Peter für seine Dokumentation zusammengetragen. Neben der Breitsülze geht es aber auch um die anderen Wasserläufe der Stadt, wie die einstigen Straßenbäche und ihren Zweck sowie um die Brunnen. Diese waren einst für die Trinkwasserversorgung der Stadt unabdingbar. Und natürlich spielt auch der größte Fluss Nordthüringens, die Unstrut, eine Rolle in Thomas Peters Film.
Einst, als die Unstrut noch ein ungebändigter und gefährlicher Fluss war, soll laut Erzählungen in seinen Fluten die Unstrutnixe gelebt haben. Jeder am Flusslauf kannte Geschichten über sie, aber keiner hatte sie je zu Gesicht bekommen. Unvorsichtige Kinder zog sie, meist um den Johannistag herum, in die Fluten. Aber das schöne Wesen konnte auch Gutes tun. Vor allem dann, wenn sie mit sich selbst zufrieden war und ihr Spiegelbild im ruhigen Wasser ihr gefiel.
Eines Tages trug es sich zu, dass ein Müller ein neues Wehr am Fluss errichten wollte, weil das alte schon zwei Mal bei Hochwasser geborsten war. Ein Baumeister riet ihm, ein gekauftes, kleines Kind lebendig in das Wehr einzumauern. Tatsächlich fand er eine Frau, die ihm ihr Kind verkaufte, und das der Baumeister bei lebendigem Leib in das Wehr einmauerte. Über‘s Jahr kam es wieder zu einem starken Hochwasser. Das Wehr blieb unversehrt. Zur selben Zeit kam aber die Rabenmutter am Wehr vorbei, worauf das Wasser zu brodeln begann und das Wehr zerbrechen ließ.
Darauf hin entstieg dem Fluss die Nixe mit einem wunderschönen Kind auf dem Arm. Zu Tode erschrocken rannte die Mutter sogleich davon. Genutzt hat es ihr nichts. Man fand sie noch am selben Tag tot am Ufer der Unstrut – soweit die Sage.
Die Fakten: Die Unstrut entspringt in Kefferhausen im Eichsfeld und mündet in Großjena bei Naumburg in die Saale. Sie legt eine Strecke von 192 Kilometern zurück und überwindet einen Höhenunterschied von fast 300 Metern. Sowohl für den Handel als auch für die direkte Wasserversorgung der Stadt Mühlhausen spielte die Unstrut keine Rolle. Einerseits lag sie zu weit außerhalb der befestigten Stadt, andererseits war sie in damaliger Zeit berüchtigt für ihre Hochwasser und damit sehr gefährlich. Schon das sehr frühe Anlegen des Mühlgrabens barg enormes Gefahrenpotenzial. Überflutungen der Georgivorstadt sowie Arbeitsausfall der zeitweise sechs Mühlen am Mühlgraben wegen Hochwassers waren an der Tagesordnung. Mühlen am Mühlgraben sind oder waren die Ziegelsmühle, von der es keine bildliche Darstellung gibt, die Feldmühle, die Burgmühle, die Kreuzmühle, die Graupenmühle und die Klingenmühle. Im Nordwesten der Stadt trifft das Flachswasser auf die Unstrut. (red)