Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Ein bisschen verrückt sind sie alle
Flughäfen sind Orte, an denen man dazu verführt wird, zu viel zu konsumieren. Oder fremden Leuten zu viel zu erzählen. So auch Ted Severson. Als er am Flughafen in London auf den Flug nach Boston wartet, gesellt sich eine Rothaarige zu ihm. Nach einigen Drinks löst sich Teds Zunge. Seine Frau betrüge ihn. Ob er ihr den Tod wünsche, fragt die Unbekannte. Sie sei gern dabei behilflich.
Rasante Wendungen und Cliffhanger Peter Swansons „Die Gerechte“beginnt aus der Sicht von Ted, der an der Küste von New England ein Haus bauen lässt. Er sieht Anzeichen für eine Affäre zwischen seiner Frau und dem Architekten. Im zweiten Kapitel schildert Swanson die Geschichte aus der Perspektive der Rothaarigen. Doch auch Nebenfiguren erhalten eine Stimme. So viel sei verraten: Ein bisschen verrückt sind sie alle.
Swansons Protagonistin ist völlig integer – zumindest aus ihrer Sicht. Sie bestimmt, wer stirbt. Ihr Maßstab ist die Moral. Ein Vergewaltiger verdient in ihren Augen den Tod genauso wie ein notorischer Betrüger. „Töten war ein bisschen wie eine juckende Stelle, an der ich mich seit vielen Jahren nicht gekratzt hatte“, sagt Lily an einer Stelle. Aber sie ist nicht süchtig nach dem Morden, will aufhören und ein normales Leben führen. Fast wünscht man ihr, dass es ihr gelingt und sie ungeschoren davonkommt. Klug gestrickt und immer wieder überraschend ist das Debüt dieses Us-amerikanischen Autors. Rasante Wendungen und Cliffhänger entfalten ihren Sog, man mag das Buch kaum aus der Hand legen – bis hin zum großartigen Ende, das noch einmal mit einem Twist aufwartet. (knie)