Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Geschlossene Vorstellung
„Diven sterben einsam“– nun auch in der Erfurter Oper mit dem gleichnamigen Stück von Dirk Audehm, das zum Musical mutiert ist
ERFURT. Der Mann kommt langsam, die Laterne in der Hand. Nicht gerade die Treppe herauf wie Willi Schwabe, nur von der Seite herein, und setzt sich ans Klavier. Spielt nicht gerade Tschaikowski, sondern Möckel, schließlich er ist Möckel. Es passt, es ist schon eine Rumpelkammer da oben, lauter alte Kostüme. Und lauter Erinnerungen, und Jane, die gute alte Jane wird darin wühlen und uns das eine oder andere Stückchen herzeigen.
Dirk Audehm hat mit „Diven sterben einsam (…und erst wenn sie gut ausgeleuchtet sind)“ein Stück geschrieben, das handelt mit Backstageund Kantinengenörgel, mit der Madame-ich-komm-nicht-runtervom-intendanten-kollegin, mit der notwendigen Empfindsamkeit des Bühnenkünstlers und mit der unvermeidbaren Traurigkeit auch. Das war ein Schauspiel und lief ganz gut, so verfiel er wohl auf die Möglichkeit einer Zweitverwertung und ließ Thomas Möckel ein paar Lieder schreiben, nun ist es ein Musical und eine Uraufführung, die das Studio der Erfurter Oper jetzt präsentierte. Und da der Autor zugleich Regisseur und Ausstatter ist, der Komponist zugleich seine Lieder am Flügel begleitet, ist das eine wirklich runde Sache, wenigstens für die beiden.
Und sonst? Sonst ist da Kati Grasse, die diese knappen zwei Stunden allein zu tragen hat, wechselnd zwischen Gesang und Schauspielerei. Die gealterte Schauspielerin, die sich an Lust und Leid ihres langen Berufslebens erinnert. Die einmal das Gretchen war und sechsmal eine der Hexen des Macbeth, einmal hing sie dabei im Schnürboden und sang „Que Sera“. Und am Ende erfahren wir, dass das Theater längst geschlossen ist, der gute Geist des Hauses lässt sie heimlich in die Garderobe, dort gibt sie eine geschlossene Vorstellung für sich selbst. Und die vertraute Ankleiderin, ihre Ansprechpartnerin, nach der sie immer wieder ruft, ist lang schon tot.
Und das ist ein wenig das Problem des Abends. Denn weder der Regisseur noch die Schauspielerin haben eine Haltung dazu gefunden, sie können nicht, was die Figur doch erforderte, den Abend mit einer Melancholie, einer Traurigkeit grundieren. Kati Grasse nimmt sich die Lieder wie den Text vor mit unbekümmerter Deftigkeit, das scheint mitunter etwas schlicht. Und nicht einen Augenblick verströmt sie die gleichsam verschlissene, schützende Noblesse einer, die einmal eine Diva war. Wenn ihr aufgetragen ist, „auf die ausgeleierten Rosetten“der Kolleginnen zu trinken, dann ruft sie das wie die Klofrau – derlei ist aber erst wirklich komisch, wenn es mit Grandezza vorgetragen wird. Und bei den Zitaten der klassischen Texte, die sie einmal spielte, gibt es keinen Gestus, das ist weder gut noch Parodie. Nur dann, wenn sie einmal wirklich Angst hat, wenn sie Johannas „Lebt wohl, ihr Berge…“spricht, da ist auf einmal eine Haltung, eine Traurigkeit. Wie im Übrigen auch die melancholischen, leisen Lieder die besser klingenden waren – was zu Teilen wohl auch dem Komponisten geschuldet ist. Das Publikum zeigte sich gut unterhalten.
● Weitere Vorstellungen: . und . März