Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Über die Sonne
Landespokal: Der FC Carl Zeiss Jena gewinnt bei Wacker Bad Salzungen mit 8:0. Trainer Mark Zimmermann genießt es sichtlich
BAD SALZUNGEN. Das Elternhaus steht nicht weit, sagt Mark Zimmermann. Aber nein, der farblich so prima blau-gelb-weiß glänzende Block gleich neben der Bad Salzunger Fußball-arena, der sei es nicht. „Unsere Platte, in der ich hier groß geworden bin, war die erste, die hier überhaupt stand“, berichtet er. Der Weg zum Training sei stets ein kurzer gewesen – hier in der Heimat, in der man merklich stolz ist auf den Sohnemann, der es als Spieler bis in die Bundesliga geschafft hat. Die wackeren Kicker schlagen sich im Achtelfinale des Landespokals durchaus achtbar gegen den Drittligisten aus Jena, zu dem einige der Hiesigen Woche für Woche pilgern, um mit der Dauerkarte Einlass ins Paradies zu finden. Dann geht‘s „über die Sonne“, wie Zimmermann sagt, immer gen Osten. Diesmal aber stehen die Eckardt und Co. ihnen leibhaftig und quicklebendig auf dem Platz gegenüber. 8:0 siegt Jena. Und Zimmermann genießt die Salzunger Bratwurst. Ohne Kümmel, ganz wichtig!
Dafür fehlt es dem Spiel nicht an Würze. Nach sechs sieglosen Ligaspielen will Zimmermann etwas verändern, weg vom ‚Weiter so!‘. Er packt die gute alte Tante Dreierkette aus, „Sie ist wieder eine Option“, sagt Zimmermann, der im Tor Raphael Koczor den Vorzug gibt. Ein Fingerzeig für die Liga? Zimmermann lässt die Frage unbeantwortet. Aus dem Umfeld ist aber zu hören, dass die Torwartfrage in dieser Woche diskutiert werden wird. In Bad Salzungen ist Koczor freilich unbeschäftigt. Die Gastgeber konzentrieren sich vor 1650 Fans gänzlich aufs Verteidigen des eigenen Tores.
Dort steht Tobias Blochberger. Der Hüne hält, was das Zeug hält. Dass er achtmal hinter sich greifen muss, ist standesgemäß. Ein Jenaer Treffer verdient besondere Aufmerksamkeit: das 6:0. Sekunden vorher steht der Schütze nämlich noch am Spielfeldrand, erhält letzte Instruktionen: Julian Güntherschmidt. Der feiert nach langer Zwangspause mit Innenbandriss ein ordentliches Comeback. Auf direktem Wege macht er sich auf, um mit der zweiten Ballberührung einen satten Schuss ins Eck abzufeuern (74.). Hinterher sagt er: „So wünscht man sich eine Rückkehr, oder?“
Zimmermann war einst ein solcher Angreifer. Im Programmheft der Bad Salzunger findet sich ein Bild des Lockenkopfes aus der Altersklasse 13/14 im Trikot der BSG Stahl. Dort hat er die Grundlagen für seine Karriere gelegt. Es hat ihn aber immer wieder auch nach Hause gezogen. „Mein erstes Auto war ein Golf. Ne Stundefuffzehn war mein Rekord. Über die Sonne“, sagt er. Diesmal, im Mannschaftsbus, braucht‘s länger. Zeit genug, um über die nächsten Aufgaben nachzudenken.