Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Dem beliebten Bassisten sitzt der Schalk im Nacken
Volles Haus: Gunther Emmerlich und Frank Fröhlich gastieren in der Gottesackerkirche
BAD LANGENSALZA. Sie waren nicht zum ersten Mal hier. Diesmal aber traten sie gemeinsam auf, in der Gottesackerkirche: Der beliebte Sänger und Entertainer Gunther Emmerlich und der begnadete Gitarrist Frank Fröhlich. Bereits eine halbe Stunde vor Beginn war hier kaum noch ein Platz frei. Beide Künstler haben ihre Fans. Und Gunther Emmerlich ist eh noch immer eine bedeutende Nummer in der ostdeutschen Erinnerungskultur.
Diesmal hat der Sänger mit dem sonoren Bass seine drei Bücher mit Lebenserinnerungen mitgebracht, dazu seine Gitarre. Und so wechselt das Programm zwischen gewohnt launiger Plauderei, Lesung und Gesang, begleitet von zwei Gitarren. Als er „Ol‘ Man River“zelebriert und sein Bass selbst auf der Unterquarte in wunderbarer Klangfülle schwingt, geht ein wohliger Schauer durch die Reihen. Emmerlich ist immerhin schon 74, und in diesem Alter darf man im Sitzen singen – der Qualität tut’s keinen Abbruch.
Fröhlich, ein Meister seines Instruments, beherrscht die besondere Kunst, gleichzeitig als Percussionist auf seinem Instrument ein ganzes Schlagzeugensemble zu ersetzen. Er gönnt sich mehrere glänzende Solonummern, von Ragtime bis Blues. Und gleitet auch schon mal in eine völlig andere Stilepoche. Da landet er dann beim Menuett G-dur aus Bachs „Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach“– hörenswert allemal.
Emmerlich sitzt stets der Schalk im Nacken, und das zur großen Freude seines Publikums. Nach Pointen muss er nicht mühselig suchen – die scheinen ihm pausenlos zu Diensten zu sein.
Magermilch und Zellwoll-hosen
Seine Kindheitserinnerungen in der DDR weiß Emmerlich prägnant zu formulieren: „Die Milch war mager, und Wilhelm Pieck war fett.“Die kurzen Hosen aus Zellwolle, die man damals trug: „Das hat mich nicht gejuckt, aber gekratzt hat’s.“
Der engagierte Naturfreund ist selbstverständlich, auch als älterer Herr, Mitglied einer Wandergruppe: „Wir wandern einmal im Jahr – und schon gar nicht bergauf.“Sie nennen sich übrigens „Bündnis 98 – die Blauen“. Denn „1998 haben wir uns gegründet, und die anderen Farben waren schon vergeben.“
Manchmal dürfen die Texte auch ein paar Zentimeter unter die Gürtellinie rutschen, aber immer mit Stil, nie vulgär – dem Publikum gefällt‘s. So etwa der Bänkelgesang vom „Sommernachtstraum des Heiligen Antonius“, dessen Hut nicht von der Stelle weicht, obwohl er ihn längst nicht mehr mit den Händen festhält…
Und wer wollte die deftigen Schüttelreime, die Emmerlich zitiert, ablehnen? Als er versehentlich ein Beethoven-zitat Max Reger in den Mund legt, geht das unter im Strom der Heiterkeit. Selbst Blödelei darf sein, wenn sie so intelligent daherkommt wie etwa in des Sängers kürzestem Chanson: „Rosalinde!“Kommentar: „Möcht‘ bloß wissen, wer diesen schönen Baum so blöd gestrichen hat …“
Das war übrigens schon Teil der Zugabe. Hier hatte auch Fröhlich noch einmal Gelegenheit, seinem Affen so richtig Zucker zu geben. Seine Eigenkomposition „Damenbesuch“war derart virtuos, dass einem einfach die Spucke wegblieb. Der begeisterte Schlussbeifall war mehr als verdient.