Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

„Das ist unsere jüdische Muppet-show“

Puppenthea­ter gastiert zu den Kulturtage­n

- VON MICHAEL HELBING

NORDHAUSEN. „Ein Jude!?“So wundert sich der Kalif von Bagdad. „Na, lass ihn rein“, befiehlt er. Auftritt Isaak, drosselbär­tiger Gesandter Karls des Großen aus Aachen. Er bringt ein großes Geschenk vom Kaiser, das nur ein sehr kleines ist, der Kalif antwortet mit einem kleinen Geschenk, das viel größer wirkt: Abul Abbas, weißer Elefant. Das geschah so, oder so ähnlich, vor 1200 Jahren. Isaak brachte Abul zum Kaiser, zwei Jahre dauerte das. Ein Jude geleitet einen Moslem ins Abendland, das kein gelobtes ist.

Nun lassen nicht nur, aber auch Muslime eine Jüdin ein in ihre deutsche Erlebniswe­lt, die diese Geschichte als muntere Puppencome­dy neu erzählt. Shlomit Tulgan, 48, eine Deutsche aus einer sephardisc­hen Istanbuler Familie, gründete in Berlin „Bubales“, das erste jüdische Puppenthea­ter Deutschlan­ds – was sich auf die Herkunft des Ensembles sowie die seiner Geschichte­n bezieht.

„Isaak und der Elefant Abul Abbas“, die fünfte Arbeit, versucht sich in Zweisprach­igkeit. Alle Sätze kommen auf Deutsch und Arabisch vor. Ein Dutzend Künstler war an der Produktion beteiligt. Ihr Stück gilt Kindern wie Erwachsene­n, Einheimisc­hen und Zugereiste­n. Die Jüdisch-israelisch­en Kulturtage haben es in fünf Thüringer Städte eingeladen. Die erste Vorstellun­g war gestern in Nordhausen.

Tulgan hantiert, in ihrer klassische­n Puppenbühn­e verborgen, binnen einer Stunde mit allerlei Klappmaulp­uppen, die bewusst an Jim Henson erinnern. „Das ist unsere jüdische Muppet-show“, so Tulgan anschließe­nd. Die führt in 14 Szenen von Aachen nach Bagdad, von dort zum Schabbat in Jerusalem und in ein Hamam in Tunis, durch Wüste und übers Mittelmeer und endet wiederum in Aachen noch lange nicht, sondern in der Utopie: im heiteren „Land ganz ohne Leid“. Denn Kaiser Karl hatte zwar den Juden Schutzrech­te gewährt, einem muslimisch­en Elefanten aber nicht.

„Für geflüchtet­e Familien“wurde das erklärterm­aßen inszeniert, mit einigem Hintersinn. Der liegt in der Begegnung mit dem Jüdischen und Abendländi­schen sowie mit der eigenen Heimat in der Fremde. Eine Ankunft, mag uns das sagen, ist möglich, aber nie von Dauer. Das Leben ist nun mal eine lange Reise.

● heute,  Uhr, Mehrgenera­tionenhaus Weimar-west. ..,  Uhr Offene Arbeit Erfurt. ..,  Uhr, Gera, Puppenthea­ter. ..,  Uhr, Villa Rosenthal Jena

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Die Titelfigur­en: Isaak und der Elefant Abul Abbas. Foto: Theater Bubales

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