Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Kampf gegen Feinde der Demokratie
Politische Delikte: weniger offene Haftbefehle
ERFURT. Raymond Walk betrachtet die vorliegende Statistik mit gemischten Gefühlen. „Der Rückgang der offenen Haftbefehle im besonders sensiblen Bereich der politisch motivierten Kriminalität ist zwar erfreulich. Dennoch gilt es, gerade gegen die Feinde der Demokratie mit allen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten vorzugehen“, sagt der Cdu-innenpolitiker im Gespräch mit dieser Zeitung. Grund zur Entwarnung gäbe es nicht. Darauf habe auch Bundesinnen- minister Horst See- hofer (CSU) bei der Beurteilung der Kriminalitätsstatistik 2017 hingewiesen. Eigentlich sei jeder nicht vollstreckte Haftbefehl einer zu viel, meint Walk. Das Spektrum der politisch motivierten Kriminalität, kurz PMK, ist breit gefächert. „Es reicht vom Angriff auf ein Asylbewerberheim über linksautonome Ausschreitungen bis hin zu Graffiti mit verfassungswidrigen Inhalten“, erläutert der Landtagsabgeordnete.
Wegzug ohne eine amtliche Ummeldung
Zum Stichtag 26. März 2018 sind es den Angaben zufolge 29 Haftbefehle, die nicht vollstreckt werden konnten. Das geht aus der Antwort von Innenstaatssekretär Udo Götze (SPD) auf eine parlamentarische Anfrage Walks hervor. Im September 2017 bei einer vorherigen Anfrage waren noch 41 Haftbefehle im Bereich der PMK offen. Die Anzahl ist also innerhalb eines halben Jahres um knapp 30 Prozent gesunken. Von den 29 nicht vollstreckten Haftbefehlen seien 11 links, 14 rechts und 4 religiös motiviert, teilt Götze mit. Über die Art der Delikte werde aber keine Statistik erhoben, weil diese eine Momentaufnahme darstellen und tagesaktueller Änderung unterliegen. Walk hat selbst viele Jahre verschiedene Polizeidienststellen geleitet und war vor seinem Wechsel ins Parlament Leitender Polizeidirektor im Thüringer Innenministerium. Er kennt die Zwänge, wenn es um die Ergreifung von Straftätern geht, und wollte wissen, warum Haftbefehle oft nicht vollstreckt werden können. Hauptursache sei „der unbekannte Aufenthaltsort der gesuchten Person (zum Beispiel Flucht, Wegzug ohne amtliche Ummeldung)“, erläutert Götze. Sofern der Wohnsitz in ein anderes Bundesland verlegt werde, sei die Vollziehung des Haftbefehls durch die Thüringer Polizei grundsätzlich ebenfalls nicht mehr möglich, da sie in die Zuständigkeit der Polizei vor Ort falle. Walk fordert, die Sicherheitsbehörden der Länder und des Bundes müssten eng zusammen arbeiten und ihre Informationen umfassend und schnell austauschen. „Nicht zuletzt müssen sie auch personell in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben wirksam zu erfüllen“, sagt der 56-Jährige. Die Aufklärungsquote bei politischer motivierter Kriminalität ist bundesweit mäßig. 2017 sank sie auf 39,7 Prozent. Im Jahr zuvor waren es 42,7 Prozent. „In Thüringen konnten 2017 fast die Hälfte aller Pmkfälle– 47, 5 prozent–aufgeklärt werden“, berichtet Walk.