Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Mehr Praxis in den Schulen für bessere Berufsorientierung
Bildung bei 25. Neujahrsempfang von Wirtschaft und Politik bestimmendes Thema. Lange Nacht der Industrie geplant
MÜHLHAUSEN. Stolz sein auf das Erreichte. Die Gastgeber des diesjährigen Neujahrsempfangs von Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW), Landkreis Unstrut-hainich und Stadt Mühlhausen sind es. Aber sie sind sich auch einig darüber, dass vor allem bei der Fachkräftegewinnung große Herausforderungen auf Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zu kommen. Das Thema Bildung stand im Fokus am Mittwochabend im Audimax des Berufsschulzentrums in Mühlhausen. Gut 300 Gäste waren der Einladung gefolgt. Es galt Bilanz zu ziehen und einen Rückblick zu geben, hatte die Bvmw-doppelspitze, Herrmann Klöppner und Andreas Schreiber, angekündigt. Der Landkreis habe sich in den 25 Jahren eines Bestehens auch wirtschaftlich so entwickelt, dass man stolz sein könne, blickte Landrat Harald Zanker (SPD) rückblickend. Namhafte Industriebetriebe seien entstanden, vor allem aber Familienunternehmen prägen das Bild. Der Landkreis habe das Zeug dazu, als Gesundheitsstandort ausgebaut zu werden, auch über Angebote im Bereich Natur- und Klimaschutz, so Zanker. Die Voraussetzungen seien gut mit dem Hufeland Klinikum, dem Ökumenischen-hainich-klinikum sowie der Geriatrischen Fachklinik in Lengenfeld/stein. Das Berufsschulzentrum bringe gut ausgebildete Fachleute hervor, nicht nur im medizinischen Bereich. Gäbe es das Berufsschulzentrum nicht, hätten einige Betriebe schon viel eher Probleme mit dem Fachkräftemangel bekommen, ist Zanker überzeugt. Deshalb sei auch die Überführung der Schule in das Eigentum des Kreises der richtige Schritt gewesen. Mit Blick Richtung Landesregierung machte Zanker deutlich, dass er im Nationalpark Hainich das gleiche touristische Potenzial sieht, wie in Oberhof und im Thüringer Wald. Mühlhausens Oberbürgermeister Johannes Bruns (SPD) sagte, die Unternehmen der Kreisstadt expandierten und investierten auch 2018 kräftig – bedingt auch durch die gute wirtschaftliche Lage. Allerdings sei in vielen Unternehmen das Thema Fachkräftegewinnung aktueller denn je. Mit einer „langen Nacht der Industrie“wolle man in diesem Jahr jungen Leuten Mühlhäuser Betriebe vorstellen. Insgesamt seien vielen Menschen im Unstrut-hainich-kreis die innovativen Unternehmen, die hier tätig seien oft kaum bekannt. „Ich bin stolz darauf, in Mühlhausen Weltmarktführer zu haben“, sagte Bruns. Und auch Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) erklärte, der Osten Deutschlands könne stolz darauf sein, was sich seit der Wende getan habe. „Wir stehen gut da in Thüringen.“Das verdanke man vor allem den Menschen, die voran gegangen seien, die Ärmel hochgekrempelt hätten, auch im Unstrut-hainich-kreis. Tiefensee sagte, Bildung sei zu allererst, allen jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, ihre Begabungen zu nutzen. Diese herauszuarbeiten, das sei mit mehr Praxis in den Schulen möglich. Man müsse Jugendlichen auch erklären, dass eine Berufsausbildung viele Chancen eröffne – oft mehr als ein Studium, so Tiefensee. Aber auch in den Schulen selbst fehlen gut ausgebildete Pädagogen. In den 160 Schulen im Schulamtsbereich Nordthüringen mit dem Unstrut-hainichkreis, dem Eichsfeldkreis, dem Kyffhäuserkreis und dem Landkreis Nordhausen seien 3700 Lehrer und Mitarbeiter beschäftigt, sagte Amtsleiter Bernd Uwe Althaus in seinem Gastvortrag. Die Ü-50-quote liege bei etwa 70 Prozent. An 30 Schulen gebe es nur beauftragte Schulleiter. „Auch hier fehlen Fachkräfte“, machte Althaus deutlich, dass die öffentliche Verwaltung ähnliche Probleme wie die Privatwirtschaft hat. Im Fokus stehe der Übergang von Schule zum Beruf. Die Berufsorientierung müsse wirksamer werden. Sinn und Spaß im Job zu haben, sei für Arbeitnehmer wichtiger denn je, zitierte Althaus eine Studie. Auch bei der Nachwuchsgewinnung müsse man deshalb die Jugendlichen mit Emotionen packen, vielleicht mit der Faszination für Technik. Althaus regte an, den Arbeitskreis „Schulewirtschaft“im Landkreis wiederzubeleben. Der holt in den Nachbarkreisen Pädagogen und Unternehmer an einen Tisch, um regional spezifisch die Bedarfe zu ermitteln und Lösungen zu finden. Im Unstrut-hainich-kreis gebe es, trotz aller Bemühungen von der Verwaltung, Nachholbedarf. Vor allem kleinere Betriebe könnten davon profitieren, wenn sie bei der Suche nach Mitarbeitern an die Hand genommen werden sowie Jugendliche, wenn man sie behutsam in die Verantwortung nimmt.