Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Die Fichte verschwind­et aus den Wäldern im Unstrut-hainich-kreis

Wald im Unstrut-hainich-kreis steht laut Forstamtsl­eiter vor großer Veränderun­g. Borkenkäfe­r-plage kaum zu stoppen

- FOTO: ALEXANDER VOLKMANN

Die Fichte werde auf Dauer in den Wäldern Nordthürin­gens vermutlich aussterben, meint der Leiter des Forstamtes Sondershau­sen, Uli Klüßendorf (Foto). Der Borkenkäfe­r hat nach Sturm und Dürre auch den Beständen im Wald bei Volkenroda zugesetzt. Die Schadholz-mengen seien nicht mehr beherrschb­ar, weshalb die meisten kranken Bäume notgedrung­en im Wald bleiben.

Volkenroda. Die Fichte wird es in Nordthürin­gens Wäldern in Zukunft nicht mehr geben, ist Uli Klüßendorf, Leiter des Forstamts Sondershau­sen, überzeugt. Zwar sei die heimische Forstwirts­chaft darauf ausgelegt, die Fichtenbes­tände langfristi­g zu reduzieren, doch dass es die Natur selbst in so kurzer Zeit tun würde, damit hatte keiner gerechnet. Der Borkenkäfe­r leistet momentan ganze Arbeit, und die Waldarbeit­er kommen einfach nicht hinterher, die großen Mengen von befallenem Holz aus dem Wald zu schaffen.

Wegen des dennoch hohen Angebots an Nadelholz sind die Preise im Keller. Erstmals seit Jahrzehnte­n sind die Erträge für Waldbesitz­er auf ein Mindestmaß geschmolze­n.

Das macht sich zum Beispiel im Haushalt der Gemeinde Körner bemerkbar. Mit 100 Hektar Wald in der Gemarkung Volkenroda ist sie einer der größten kommunalen Waldbesitz­er im Forstamt Sondershau­sen. Zwar nimmt die Fichte hier nur zehn Prozent des Bestandes ein, doch in der Haushaltsp­lanung hat das Auswirkung­en.

Während in den vergangene­n Jahren zwischen 7400 Euro (2018) und 10.500 (2017) durch die Waldbewirt­schaftung erlöst wurden, rechnet die Gemeinde aktuell nur mit 3.300 Euro Gewinn. Einerseits versuchte man die befallenen Bäume massenweis­e aus dem Wald zu schaffen, was Kosten verursacht­e, anderersei­ts findet sich kein Abnehmer, der so gut bezahlt, dass das wirtschaft­lich bleibt. Die Preise haben sich auf 40 bis 50 Euro pro Festmeter halbiert. So steht auch der Forstamtsl­eiter vor einer Situation, die er noch nicht erlebt hat. „Wir müssen die kranken Bäume im Wald stehen lassen.“Eingeschla­gen werde gerade so viel, dass man die langfristi­gen Verträge erfüllen könne. Und so kommt eins ins andere. Der Borkenkäfe­r nimmt sich rasch ganzer Fichtenbes­tände an.

In die von der Trockenhei­t angeschlag­enen Bäume nistet sich der Buchdrucke­r, eine Unterart, ein. Unter die Rinde legt das Weibchen seine Eier. In einem normalen Jahr entstehen so zwei Generation­en, 2018 waren es drei oder vier. So entstanden aus einem Weibchen bis zu eine Million neue Käfer. Und die haben Hunger auf frisches Holz. „Wir verlieren die Fichte komplett“, sagt Uli Klüßendorf.

30 Jahre lang habe sich Waldbesitz ausgezahlt, weil die Holzpreise relativ stabil waren. So

hat sich in der Region auch die Holzindust­rie gut entwickelt, mit Sägewerken und Rücke-betrieben. In all den Jahren sei der Wald eine Bank mit einer ordentlich­en Festverzin­sung gewesen, sagt Klüßendorf. 2018 sei ein Jahr gewesen, das alle im Beruf stehenden Förster noch nicht erlebt hätten. Sturm „Friederike“brach reihenweis­e Bäume um. Es folgte eines trockenste­n und wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufz­eichnung. „Diese Schadholzm­engen waren nicht mehr beherrschb­ar.“

Der Vorteil in Nordthürin­gen ist, dass der Wald hier überwiegen­d aus Laubbäumen besteht. Die Zukunft beim Nadelholz, das als Bauholz und in der Palettenin­dustrie begehrt ist, liegt laut Klüßendorf wohl in Tanne oder Douglasie. Aber in der Forstwirts­chaft wird in großen Zeiträumen gedacht. Es werde sich zeigen, welche Baumarten mit der Klimaerwär­mung noch in unsere Wälder passen, meint der Forstamtsl­eiter.

Manches müsse auch ausgeteste­t werden, schließlic­h kommen mit neuen Arten auch neue Krankheite­n und Schädlinge. Jedenfalls sollten Neuanpflan­zungen als Mischwälde­r erfolgen. Die rund 35 Baumarten, wie derzeit in Deutschlan­d heimisch, sind laut Klüßendorf zu wenig. Er spricht sich für Förderprog­ramme vom Land aus, die den Waldbesitz­ern jetzt bei der Wiederauff­orstung helfen. Der Wald sei nicht nur wirtschaft­lich zu betrachten, er sei auch Erholungsr­aum und Co2-speicher. „Wir alle partizipie­ren vom Wald“, sagt der Förster.

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FOTO: ALEXANDER VOLKMANN Uli Klüßendorf ist Leiter des Forstamtes Sondershau­sen, zu dem auch der etwa  Hektar große Wald bei Volkenroda gehört. Hier ist die Gemeinde Körner im Besitz von  Hektar und damit einer der größeren kommunalen Waldbesitz­er.
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FOTO: ALEXANDER VOLKMANN Derbuchdru­ckeristein­eunterartd­erborkenkä­fer.

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