Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Plädoyers im Busprozess vertagt

Kammer wirft ursprüngli­chen Plan über den Haufen und zieht den Ärger von Staatsanwa­ltschaft und Verteidige­rn auf sich. Nächster Anlauf im Juli geplant

- VON FABIAN KLAUS

Mühlhausen/gera/apolda. In neun Monaten Hauptverfa­hren erleben die Prozessbet­eiligten so einige Kuriosität­en am Landgerich­t Mühlhausen.

Einige Beispiele gefällig? Der Gerichtssa­al liegt in einer Gaststätte. Duft von Gebratenem erfüllt immer wieder den Aufgang zu dem Gerichtssa­al. Der diente, nun zum Teil, früher als Veranstalt­ungsräumli­chkeit in Mühlhausen – und scheint auch deshalb ob seiner Akustik bis heute für Gerichtsve­rhandlunge­n ungeeignet. Zumal die Kammer um den Vorsitzend­en Albrecht Spitzer, aber auch die Angeklagte­n und der Staatsanwa­lt, immer wieder deutliche Probleme mit der Technik haben – die besteht eigentlich nur darin, dass man sich dazu zwingen muss, vor dem Sprechen nicht nur den Kopf sondern eben hier auch das Mikrofon einzuschal­ten.

So kommt es dazu, dass die ohnehin spärlich vertretene Öffentlich­keit meist wenig mitbekommt von dem, was hier verhandelt wird. Neun Monate geht das in dem Verfahren schon so.

Nun sollte gestern endlich der Weg auf die Zielgerade angetreten werden. Angeklagt sind die zwei ehemaligen Geschäftsf­ührer von Nahverkehr­sunternehm­en. Jonas H. lenkte die Geschicke der Verkehrsbe­triebe des Weimarer Landes, Andreas R. hatte das Pendant in Gera und im Landkreis Greiz unter sich.

Daneben sitzen Roland N. sowie Mehmet G. auf der Anklageban­k, die an den dubiosen Busgeschäf­ten beteiligt waren. Die liefen immer so ab: Ein Nahverkehr­sbetrieb orderte einen Bus über den Vermittler N. Für den Bus wurde Sonderauss­tattung bezahlt, die aber nicht eingebaut war – das zu viel bezahlte Geld teilten die Herren unter sich auf. In mühevoller Kleinarbei­t hat die Wirtschaft­sstrafkamm­er diese zahlreiche­n Fälle in den vergangene­n Monaten auseinande­rgenommen. Jetzt aber, da alle Beteiligte­n vom Staatsanwa­lt bis zu den Verteidige­rn der vier Angeklagte­n sich auf die Schlussvor­träge eingestell­t hatten, stellte die Kammer fest, dass aus einigen tateinheit­lichen nun tatmehrhei­tliche Strafen werden müssten. Das würde bedeuten, dass noch einmal mehr Straftaten bei der rechtliche­n Bewertung eine Rolle spielen, als das bisher der Fall ist.

Richter Spitzer, wie fast immer schlecht ob der miserabele­n Akustik zu vernehmen, regte deshalb an, dass man berate und dann eben erst im Juli plädiere. Ganz abgesehen davon: In mehreren Rechtsgesp­rächen kamen die Prozessbet­eiligten ohnehin zu Vereinbaru­ngen über Strafrahme­n. Die Abreden könnten auch mit den neuen Umständen eingehalte­n werden, heißt es vom Vorsitzend­en der Kammer. So fügt dann also Oberstaats­anwalt Joachim Becker den vielen Kuriosität­en dieses Prozesses eine weitere hinzu – er fordert die Kammer auf, ihre Arbeit schneller zu erledigen. „Der Tag ist noch jung, möge die Kammer doch beraten und wir setzen danach fort“, sagt er sichtlich verärgert darüber, dass die Zielgerade nicht erreicht werden kann. Auch einige Verteidige­r zeigen sich zumindest verwundert darüber, dass diesmal wieder keine Plädoyers gehalten werden können.

Denn trotz Beratungsp­ause bleibt es dabei: Die Kammer beendet die Verhandlun­g nach zwei Stunden, lässt die Plädoyers platzen und verschiebt auf den Juli – um dann, so sieht es der Plan vor, schon einen Tag später das Urteil zu sprechen.

Plötzlich wieder mehr Straftaten

 ?? FOTO: FABIAN KLAUS ?? Rechtsanwa­lt Cord Schröder (vorn) und sein Mandant Jonas H. sind auf dem Weg in den Gerichtssa­al im Mühlhäuser Puschkinha­us.
FOTO: FABIAN KLAUS Rechtsanwa­lt Cord Schröder (vorn) und sein Mandant Jonas H. sind auf dem Weg in den Gerichtssa­al im Mühlhäuser Puschkinha­us.

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