Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Interesse an Stasi-akten hoch
Bis September gingen 37.597 Anträge ein. Linke soll stärker zu ihrer Verantwortung stehen
gera/jena/berlin. Das Interesse an den Unterlagen des Ddr-ministeriums für Staatssicherheit ist 30 Jahre nach dem Mauerfall ungebrochen hoch. Bis Ende September dieses Jahres sind 37.597 Anträge von Bürgern auf Akteneinsicht bei der Stasi-unterlagenbehörde eingegangen, sagte ein Sprecher der Behörde der TLZ. Damit liegt die Zahl der Anträge etwa auf dem Niveau des Vergleichszeitraums in den vergangenen Jahren.
Insgesamt wollten im vergangenen Jahr 45.309 Menschen Auskunft aus dem Archiv der Stasi-akten. In rund einem Sechstel der Fälle geht es dabei nicht um Einsicht in Akten über die Antragsteller selbst, sondern in die Unterlagen zu Angehörigen. „Es ist gut, dass auch in Zukunft alle die Möglichkeit haben, in die Stasi-akten zu schauen“, sagte Roland Jahn, Bundesbeauftragter für die Stasi-unterlagen der ehemaligen DDR, der TLZ. Im Stasiunterlagen-archiv fänden sich Dokumente von Menschenrechtsverletzungen, aber auch Zeugnisse des Freiheitswillens der Menschen. „Die Einsicht in die Stasi-unterlagen kann helfen, Schicksale aufzuklären.“
Der Leiter der Stasi-unterlagenbehörde appellierte auch an die Partei Die Linke, ihre Geschichte aufzuarbeiten. „Sie ist die SED, die sich umbenannt hat in PDS erst und dann zusammengegangen ist mit der WASG aus dem Westen“, sagte er. Die Partei habe sich weiterentwickelt, das müsse man ihr zugestehen. Aber sie könne ihre Vergangenheit nicht einfach wegwischen, sondern sollte stärker zu ihrer Verantwortung stehen: „Es war eine Seddiktatur, es war keine Stasi-diktatur“, sagte der aus Jena stammende Ddr-bürgerrechtler.
Zur AFD sagte Jahn, alle dürften natürlich die Ideale der friedlichen Revolution hochhalten: „Das ist ihre Freiheit.“Ihn störe aber, wenn gesagt werde, es gebe heute keine Meinungsfreiheit. „Allein die Existenz der AFD, ihre öffentlichen Auftritte, sind Ausdruck von Meinungsfreiheit.“Jahn kritisierte auch, dass heutige staatliche Willkür mit der Willkür in der DDR gleichgesetzt wird: „Das ist eine Verhöhnung der Opfer der Sed-diktatur.“