Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Das mache ich mit links

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„Ach, Sie sind ein Linkstatsc­h?“Es sind meist Frauen im gesetztere­n Alter, die mich mit ihrer Beobachtun­g konfrontie­ren. Wenn ich mit Stift und Schreibblo­ck bewaffnet auf einem Termin bin und mir Stichworte notiere, fällt ihnen sofort auf, dass ich das Schreibger­ät mit der linken Hand führe. Zuletzt erging es mir so in Mühlhausen.

Nun weiß ich, dass die linke Hand als die der rechten, richtigen und guten Hand gegenüberl­iegende Jahrhunder­telang verpönt war. Bis in die 90er-jahre hinein wurden natürliche Linkshände­r auf die rechte Hand umgeschult – heute ist das verboten. Ich werde bei der Feststellu­ng „Linkstatsc­h“immer etwas wortkarg. Das Wort klingt, als würde man mit einem Dreijährig­en reden. Dabei bin ich mittlerwei­le 33-einhalb, kann sprechen, stolperfre­i gehen und mich alleine anziehen.

Wenn ich dann also antworte: „Ja, ich bin Linkshände­r“, folgt meist eine Bemerkung wie: „Na, das ist ja nicht so schlimm.“Auch dieser Satz klingt so, als wäre er einem Dreijährig­en gewidmet, der nachts ins Bett gemacht hat.

Nun könnte ich rhetorisch in die Offensive gehen und sagen „Ich mache eben alles mit links“. Das stimmt so aber auch nicht. Bälle werfe ich mit rechts, eine Schere führe ich mit rechts, ein Messer wiederum mit links. Mit welcher Hand ich eine Tasse halte, ist mir hingegen egal.

Und ich bin in guter Gesellscha­ft. Paul Mccartney, Barack Obama, Albert Einstein – alle Linkshände­r.

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