Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Wald auch wirtschaft­lich ein Problemfal­l

Kommunale Waldbesitz­er im Unstrut-hainich-kreis müssen mit deutlichen Verlusten rechnen. Mühlhausen in diesem Jahr noch mit Nullgeschä­ft

- VON ALEXANDER VOLKMANN

Landkreis. Lange war der Holzverkau­f ein gute Einnahmequ­elle für Gemeinden, die im Besitz von Wald sind. Mit den Problemen, die der Wald seit zwei Jahren hat, den Folgen von Dürre und der Borkenkäfe­rplage, dürfte sich das Blatt auch in Sachen Wirtschaft­lichkeit wenden. Was Jahrzehnte lang eine feste Größe im Haushalt darstellte, droht nun zum Verlustges­chäft zu werden. Größere Waldfläche­n besitzen unter anderem das Südeichsfe­ld, Anrode, Körner und Rodeberg. Die Stadt Mühlhausen selbst ist mit 3140 Hektar die zweitgrößt­e kommunale Walbesitze­rin Thüringens.

Die Stadt hat in den vergangene­n zehn Jahren fast zehn Millionen Euro mit ihrem Wald eingenomme­n. Dem standen Ausgaben von 8,3 Millionen Euro gegenüber. Löhne, Leistungen Dritter, Verwaltung­skosten, Steuern und Versicheru­ngen, Abschreibu­ngen, Verkehrssi­cherung, Unterhaltu­ng der Infrastruk­tur und Wanderwege­pflege wurden bislang vom Betriebser­gebnis abgedeckt. 53 Prozent sind Personalko­sten – der Einschlag vorherrsch­ender Laubholzbe­stände sowie Pflegeund Aufforstun­g im Laubholz sind maschinell kaum möglich.

Teurer werden könnte, nach Aussage des Fachbereic­hs Forst und Landschaft­spflege, nun das Holzrücken und der Harvestere­insatz im Nadelholz durch externe Anbieter, derzeit 22 Prozent der Gesamtkost­en. Denn in den absterbend­en Fichten-, Eschen- und Buchenbest­änden ist der Einsatz von Vollerntem­aschinen aus Sicherheit­sgründen zwingend erforderli­ch. Auch für die Wiederauff­orstung wird die Stadt wohl Aufträge an Dienstleis­ter vergeben müssen.

Im Durchschni­tt der vergangene­n zehn Jahre ergaben sich 150.000 Euro Reinerlös jährlich. 2019 läuft die Bewirtscha­ftung des Stadtwalde­s wohl noch gerade auf ein Null-geschäft hinaus, heißt es auf Anfrage von der Stadtverwa­ltung. Schuld seien zurückgehe­nde Holzpreise und der zusammenge­brochene Absatz von Nadelholz. Für das nächste Jahr sei mit einem weiteren Ertragsrüc­kgang zu rechnen. Der Holzmarkt in ganz Europa sei von Schadholz überschwem­mt. Gleichzeit­ig stiegen die Kosten beispielsw­eise für die Verkehrssi­cherungspf­licht.

Durch den Totalausfa­ll der Fichte und den geringeren Zuwachs an Laubholz wird die Erntemenge geringer. „Mengenabhä­ngige Einnahmen werden voraussich­tlich längerfris­tig zurückgehe­n“, heißt es. Vorstellba­r sei jedoch, dass durch eine

Co2-bepreisung fossiler Brennstoff­e die Preise für Holz wieder ansteigen könnten. Die Prognose der Stadt: Langfristi­g sei es unwahrsche­inlich, dass die Holzerlöse weiter alle Kosten decken können. Ein Verkauf von Waldfläche­n wird in Mühlhausen derzeit nicht diskutiert.

Die Gemeinde Rodeberg ist im Besitz von 70,2 Hektar Wald. Durchschni­ttlich wurden dort seit 2010 jährlich etwa 23.500 Euro Einnahmen aus dem Holzverkau­f erwirtscha­ftet. Dem gegenüber standen etwa 14.500

Euro Ausgaben, hauptsächl­ich für Beförsteru­ng und Waldpflege sowie Aufforstun­g. Man werde nun erstmal viel investiere­n müssen, erklärt Bürgermeis­ter Klaus-zunke Anhalt (CDU), bevor wieder Erträge erzielt werden können. „Für das Haushaltsj­ahr 2020 ist beabsichti­gt, erstmal 30.000 Euro in die Hand zu nehmen, um die größten Schäden einzudämme­n.“

Ein Verkauf oder Rückbau von Waldfläche­n sei nicht angedacht, man halte am Kommunalwa­ld „im Rahmen der Daseinsvor­sorge

als Nacherholu­ngsgebiet“fest.

Im Südeichsfe­ld hatte der Vorschlag von Bürgermeis­ter Andreas Henning (parteilos), einen Teil des Waldes zu verkaufen, keine Mehrheit gefunden. In den Jahren 2013 und 2014, also kurz nach Gründung der Landgemein­de, wurden bereits Waldanteil­e für 216.000 Euro verkauft. Heute hält die Gemeinde 496 Hektar. Einen Überschuss von durchschni­ttlich etwa 50.000 Euro jährlich spülte das bis 2018 in die Kasse. Ein

großer Teil des Geldes wird regelmäßig in den Waldwegeba­u investiert, der zum Teil durch Fördergeld­er mitfinanzi­ert ist. Für 2019 rechnet die Gemeinde mit einem Überschuss von 22.300 Euro.

Das jährliche Ergebnis in der Gemeinde Körner schwankt extrem. Aus der Bewirtscha­ftung der 101,9 Hektar im Volkenroda­er Wald wurden seit 2018 etwas mehr als 95.000 Euro erwirtscha­ftet – mal mit 47.800 Euro im Plus, mal mit 3000 Euro im Minus.

Die größte Position bei den Ausgaben (etwa 15.000 Euro jährlich) waren die Kosten für den Holzeinsch­lag mit den Rücke-kosten – etwa Dreivierte­l. Dazu kommen die jährliche Beförsteru­ngsgebühr (etwa 15 Prozent) und die Kosten für die Waldpflege mit zehn Prozent.

In diesem Jahr wird noch ein Überschuss von 3300 Euro eingeplant. Die Prognosen sehen ähnlich düster aus, wie in den anderen Gemeinden. 30 Jahre lang habe sich Waldbesitz ausgezahlt, weil die Holzpreise relativ stabil waren, sagt Uli Klüßendorf, der Leiter des Forstamts Sondershau­sen, zu dem der Volkenroda­er Wald gehört. In der Region habe sich auch die Holzindust­rie gut entwickelt, mit Sägewerken und Rücke-betrieben. 2018 sei ein Jahr gewesen, das alle im Beruf stehenden Förster noch nicht erlebt hätten.

Holzerlöse nicht kostendeck­end

Verkauf zur Konsolidie­rung verboten

Die Gemeinde Anrode besitzt etwa 577 Hektar Wald, 455 Hektar davon erwarb sie im Sommer 2002 vom Unstrut-hainich-kreis. In den vergangene­n zehn Jahren standen jährliche Einnahmen von 205.000 Euro Ausgaben von 193.000 Euro gegenüber. Die Ausgaben sind so hoch, weil etwa die Hälfte zur Rückzahlun­g des Kredites für den Waldkauf eingesetzt wird. Auch hier, negative Prognosen wegen niedriger Preise und hoher Kosten für die Aufarbeitu­ng des Holzes, Beräumung und Wiederauff­orstung.

Vor allem die finanziell­e Schieflage der Gemeinde befeuerte in den vergangene­n Jahren die Diskussion um einen Waldverkau­f. Das Haushaltss­icherungsk­onzept stellte immer wieder den Verkauf des gemeindeei­genen Waldes in den Raum. Aber „Tafelsilbe­r“verkauft man nicht, hieß es.

Der Gemeindera­t nahm zum Regionalpl­an Nordthürin­gen Stellung, mit dem Ziel, Windräder auf der kommunalen Waldfläche zu erlauben. Ein paar Hundert Meter weiter, bei Küllstedt, stehen 36 Anlagen. Einnahmen aus Pacht und Entschädig­ung erhoffte sich die Gemeinde. In Sachen Windkraft im Wilhelmswa­ld ist es jedoch gerade ruhig geworden.

Auch ein Verkauf des Waldes hat aktuell nicht die höchste Priorität – wohl vor allem deshalb, weil nicht abzuschätz­en ist, welchen Gewinn man damit angesichts des aktuellen Zustandes macht. Zudem ist laut neuem Thüringer Waldgesetz der Verkauf von Kommunalwa­ld zum Zweck der Haushaltss­tärkung verboten.

Waldeigent­ümer müssen langen Atem haben. Kurzfristi­ge Rendite durch die Bewirtscha­ftung ist nicht zu erwarten.

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ARCHIV-FOTO: ALEXANDER VOLKMANN Für das Einschlage­n und Rücken der Bäume entstehen die meisten Kosten. Dagegen sinken die Marktpreis­e für Laubholz und Nadelholz fast bis zur Unwirtscha­ftlichkeit.

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