Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Deutsche sind zufrieden wie nie
„Glücksatlas“: Menschen fühlen sich am besten in Schleswig-holstein. In Thüringen gehen die Bürger gelassen mit Problemen um, die Brandenburger sind unglücklich
Die Studie lässt keinen Zweifel: Die Deutschen sind so zufrieden wie noch nie. 30 Jahre nach dem Mauerfall liege die Lebenszufriedenheit der Menschen in Deutschland auf einem Allzeithoch, heißt es im „Deutsche Post Glücksatlas 2019“, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Die wissenschaftliche Studie untersucht seit neun Jahren in Folge das Glücksniveau der Bundesbürger.
Auf einer Skala zwischen null und zehn bewerteten die Befragten ihre Zufriedenheit aktuell im Schnitt mit 7,14 Punkten – etwas mehr als im Vorjahr (7,05). Noch 2004 lag die Zufriedenheit bei 6,65 Punkten. Die aktuelle Entwicklung gehe vor allem auf die Angaben einer Gruppe zurück, sagt Bernd Raffelhüschen von der Uni Freiburg, der den Report im Auftrag der Deutschen Post erstellt: „Es liegt an den Ossis.“Nach der Wiedervereinigung
seien die Menschen dort zwar durch ein „Tal der Tränen“gegangen, sie hätten aber deutlich aufgeholt. Das Lebensglück der Menschen im Osten erreicht laut Atlas mit 7,0 Punkten einen Höchstwert. Der Rückstand zum Westen ist den Autoren zufolge kaum mehr messbar: Er liegt bei 0,17 Punkten. Deutschland sei kein Jammertal, so Raffelhüschen, vielmehr habe man in den vergangenen zehn Jahren im Prinzip ein „zweites Wirtschaftswunder“erlebt.
Die Thüringer fühlen sich zu Hause wohl
Die zufriedensten Menschen sieht der Glücksatlas in Schleswig-holstein (7,44 Punkte), Platz zwei belegt erstmals Hessen mit 7,31 Punkten. Danach folgt Hamburg mit 7,27 Punkten. Die unglücklichsten Menschen leben in Brandenburg (6,76), wo etwa die Arbeitslosigkeit vergleichsweise höher ist. Das Mittelfeld bilden westdeutsche Regionen mit geringem Abstand voneinander.
Das südliche Bayern belegt Platz fünf. Am stärksten gestiegen sei die Zufriedenheit in Sachsen, um 0,07 auf 6,98 Punkte. Mecklenburg-vorpommern (6,87) ist wieder auf den 18. und vorletzten Platz abgerutscht.
Die glücklichsten Ostdeutschen leben in Thüringen (7,09). Die Menschen zwischen Altenburg und Eisenach sind besonders mit ihrer Wohnung zufrieden – in diesem Bereich belegt unser Bundesland Rang vier. Vor allem die vergleichsweise günstigen Mieten wirkten sich auf das Wohlbefinden aus. Zudem sei die Armutsgefährdungsquote die niedrigste in Deutschland.
Alles bestens also? Nein – doch offenbar lassen sich die Thüringer nicht so leicht aus der Fassung bringen, obwohl es durchaus belastende Faktoren gibt: Die Pflegequote von 53,7 je 1000 Einwohner sei deutschlandweit besonders hoch. Außer in Sachsen und Sachsen-anhalt leben nirgendwo so viele Senioren wie hier (25,3 Prozent). Und: „In keiner anderen Region sind so viele Leiharbeiter beschäftigt wie in Thüringen“, schreiben die Autoren.
Dass Schleswig-holstein herausrage, liege offenbar auch an der Nähe zum besonders glücklichen Dänemark, so Raffelhüschen. Dass die Dänen im Europa-vergleich Spitzenreiter sind, wird häufig mit dem dortigen Verständnis von Gemütlichkeit erklärt. Deutschland hingegen kommt nach Daten des Eurobarometers auf Platz zehn und liegt damit klar vor Nachbar Frankreich (17). Briten und Österreicher schneiden etwas zufriedener ab als die Deutschen.
Beim diesjährigen Schwerpunktthema Geschlechtergerechtigkeit kommt der Glücksatlas zu dem Schluss, dass das Arbeiten in geschlechtergemischten Teams die Arbeitszufriedenheit erhöht. So wirke sich das Arbeiten in gemischten Teams für zwei Drittel der Beschäftigten positiv aus.