Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Es lässt sich leicht schimpfen

- Leitartike­l Nils R. Kawig zur Attraktivi­tät der Bahn n.kawig@tlz.de

Die Bahn ist besser als ihr Ruf. Wer häufig auf der Schiene unterwegs ist, weiß das. Andere, die vielleicht nur selten in einen Zug steigen, sehen sich in ihrer Ablehnung bestätigt, wenn dann doch irgendwas schiefläuf­t: Klimaanlag­e kaputt, Anschlussz­ug abgefahren, reserviert­er Sitzplatz in einem fehlenden Waggon – dazu kann jeder eine Geschichte erzählen.

Das sogenannte Bahn-bashing, also das Hetzen vorrangig über die Deutsche Bahn, erfreut sich wachsender Beliebthei­t. Zu Unrecht, wie die gerade vorgelegte Studie eines Internetpo­rtals beweist. Mindestens beim Preis-leistungs-verhältnis haben Bahnfahrer gegenüber Flugreisen­den oder Autofahrer­n die Nase vorn.

Und trotzdem bleiben dicke Kratzer im Lack der Ice-flotte. Teilweise trägt der Staatskonz­ern selbst dazu bei, wenn sich seine Vorstände zum Beispiel üppige Gehaltserh­öhungen gönnen, obwohl in der Bilanz ein dickes Minus steht. Teils können die Bahner aber auch machen, was sie wollen. Sie werden auf jeden Fall zum Gespött der Menschen.

Unpünktlic­hkeit erleben manche Reisende als persönlich­e Kränkung. Dabei stehen sie manchmal stundenlan­g im Stau auf der Autobahn, ohne darüber wie ein Rohrspatz zu schimpfen. Im Gegenteil: Das wird dann mit „höherer Gewalt“entschuldi­gt.

Offensicht­lich haben wir Deutsche ein ganz besonderes Verhältnis zum Bahnfahren entwickelt – ein sehr emotionale­s, muss man feststelle­n. Da helfen nackte Zahlen wie in der aktuellen Studie von „mydealz“, um wieder Sachlichke­it in die Debatte einziehen zu lassen: Preislich schlägt die Bahn das Flugzeug in acht von zehn Fällen. Gemeint sind natürlich Inlandsflü­ge, die von Thüringen aus selten angetreten werden. Dafür liegt das grüne Herz Deutschlan­ds einfach zu günstig – und zwar direkt an einem wichtigen Ice-knoten.

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