Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Befangenheitsanträge im Prozess um Erfurter Boxkampfschlägerei
Das Verfahren vor dem Amtsgericht zieht sich hin. Gegen einen Angeklagten wird nicht mehr in diesem Prozess verhandelt
Der Prozess am Amtsgericht Erfurt, bei dem seit Wochen eine Schlägerei nach einem Boxkampf in der Messehalle im Jahr 2017 aufgeklärt werden soll, ist am Donnerstag fortgesetzt worden – mit einigen spannenden Wendungen.
Warum sitzen nur noch vier statt bisher fünf Beschuldigte auf der Anklagebank?
Das Verfahren gegen Karen S. ist abgetrennt worden von dem bisherigen Prozess. Nach einer Operation war nicht klar, ob er weiter verhandlungsfähig ist. Das soll zwischenzeitlich der Fall sein, das Verfahren ist aber dennoch bereits abgetrennt.
Welchen Hintergrund haben die gegen das Schöffengericht gestellten Befangenheitsanträge?
Rechtsanwalt Steffen Böttcher und Rechtsanwalt Hans Meyer-mews haben jeweils auf unterschiedliche Umstände zu abgelehnten Beweisanträgen Bezug genommen. Das Gericht hatte abgelehnt, einen Gutachter feststellen zu lassen, ob die Bilder, die in das Verfahren eingeführt sind, zur Personenfeststellung geeignet sind.
Das Gericht habe diese Sachkunde selbst, sagte Richterin Martina Bucke im Verfahren. Die Verteidigung leitet daraus eine Befangenheit ab. Ebenso aus dem Umstand, der auf die Bearbeitung eines Videos zielt, das gestern gezeigt wurde. Darin seien vier Personen mit Pfeilen markiert, aber weit mehr Personen zu sehen. Auch das wird dem Gericht als Befangenheit gegenüber den Angeklagten ausgelegt.
Wie wird mit den Befangenheitsanträgen umgegangen?
Beide werden einem anderen Richter am Amtsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Es wird vorher noch Stellungnahmen geben. Es ist damit zu rechnen, dass noch vor dem nächsten Prozesstag am 27. November über beide Anträge entschieden wird.
Was wird den Angeklagten vorgehalten?
Ihnen wird gefährliche Körperverabsperrgitter letzung zur Last gelegt. Sie sollen gemeinsam nach einem Boxkampf im April 2017 auf den ebenfalls in der Halle als Zuschauer befindlichen Boxer Karo Murath losgegangen sein. Dabei sollen mindestens ein Stuhl und eines der schweren
auf den Boxer geworfen worden sein. Ein Zeuge sagte am Donnerstag aus: „Ich habe gesehen, dass ein Stuhl in der Luft war.“
Wie steht es um den Tatnachweis?
Bisher sind Bilder und auch Videosequenzen angeschaut worden, die bestätigen, dass die Schlägerei stattgefunden hat. Dass Murath dabei verletzt wurde, war spätestens nach dessen Aussage im August vor dem Amtsgericht klar.
Die Verteidiger stellen bisher immer wieder darauf ab, das nicht abschließend geklärt ist, wer Auslöser der Auseinandersetzung gewesen ist. Möglicherweise wollen sie für ihre Mandanten eine Notwehr-situation konstruieren.
Wie reagiert die Staatsanwaltschaft?
Die Geraer Anklagebehörde, die für Organisierte Kriminalität zuständig ist, lässt sich bisher auf nichts ein, verfolgt stringent die angeklagte Tat „gefährliche Körperverletzung“.
Woher kennen sich die Angeklagten und der Boxer Karo Murath?
Der Boxer selbst hat vor Gericht bestritten, einen der damals noch fünf Angeschuldigten zu kennen. Die haben sich bisher ohnehin nicht zu den Vorwürfen eingelassen. Bei einer Spielhallenschießerei 2014 in Erfurt, deren Spur ins armenische Mafia-milieu führt, standen die jetzt Angeklagten und der Boxer Murath bereits im Fokus der Ermittler.