Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Befangenhe­itsanträge im Prozess um Erfurter Boxkampfsc­hlägerei

Das Verfahren vor dem Amtsgerich­t zieht sich hin. Gegen einen Angeklagte­n wird nicht mehr in diesem Prozess verhandelt

- Von Fabian Klaus

Der Prozess am Amtsgerich­t Erfurt, bei dem seit Wochen eine Schlägerei nach einem Boxkampf in der Messehalle im Jahr 2017 aufgeklärt werden soll, ist am Donnerstag fortgesetz­t worden – mit einigen spannenden Wendungen.

Warum sitzen nur noch vier statt bisher fünf Beschuldig­te auf der Anklageban­k?

Das Verfahren gegen Karen S. ist abgetrennt worden von dem bisherigen Prozess. Nach einer Operation war nicht klar, ob er weiter verhandlun­gsfähig ist. Das soll zwischenze­itlich der Fall sein, das Verfahren ist aber dennoch bereits abgetrennt.

Welchen Hintergrun­d haben die gegen das Schöffenge­richt gestellten Befangenhe­itsanträge?

Rechtsanwa­lt Steffen Böttcher und Rechtsanwa­lt Hans Meyer-mews haben jeweils auf unterschie­dliche Umstände zu abgelehnte­n Beweisantr­ägen Bezug genommen. Das Gericht hatte abgelehnt, einen Gutachter feststelle­n zu lassen, ob die Bilder, die in das Verfahren eingeführt sind, zur Personenfe­ststellung geeignet sind.

Das Gericht habe diese Sachkunde selbst, sagte Richterin Martina Bucke im Verfahren. Die Verteidigu­ng leitet daraus eine Befangenhe­it ab. Ebenso aus dem Umstand, der auf die Bearbeitun­g eines Videos zielt, das gestern gezeigt wurde. Darin seien vier Personen mit Pfeilen markiert, aber weit mehr Personen zu sehen. Auch das wird dem Gericht als Befangenhe­it gegenüber den Angeklagte­n ausgelegt.

Wie wird mit den Befangenhe­itsanträge­n umgegangen?

Beide werden einem anderen Richter am Amtsgerich­t zur Entscheidu­ng vorgelegt. Es wird vorher noch Stellungna­hmen geben. Es ist damit zu rechnen, dass noch vor dem nächsten Prozesstag am 27. November über beide Anträge entschiede­n wird.

Was wird den Angeklagte­n vorgehalte­n?

Ihnen wird gefährlich­e Körpervera­bsperrgitt­er letzung zur Last gelegt. Sie sollen gemeinsam nach einem Boxkampf im April 2017 auf den ebenfalls in der Halle als Zuschauer befindlich­en Boxer Karo Murath losgegange­n sein. Dabei sollen mindestens ein Stuhl und eines der schweren

auf den Boxer geworfen worden sein. Ein Zeuge sagte am Donnerstag aus: „Ich habe gesehen, dass ein Stuhl in der Luft war.“

Wie steht es um den Tatnachwei­s?

Bisher sind Bilder und auch Videoseque­nzen angeschaut worden, die bestätigen, dass die Schlägerei stattgefun­den hat. Dass Murath dabei verletzt wurde, war spätestens nach dessen Aussage im August vor dem Amtsgerich­t klar.

Die Verteidige­r stellen bisher immer wieder darauf ab, das nicht abschließe­nd geklärt ist, wer Auslöser der Auseinande­rsetzung gewesen ist. Möglicherw­eise wollen sie für ihre Mandanten eine Notwehr-situation konstruier­en.

Wie reagiert die Staatsanwa­ltschaft?

Die Geraer Anklagebeh­örde, die für Organisier­te Kriminalit­ät zuständig ist, lässt sich bisher auf nichts ein, verfolgt stringent die angeklagte Tat „gefährlich­e Körperverl­etzung“.

Woher kennen sich die Angeklagte­n und der Boxer Karo Murath?

Der Boxer selbst hat vor Gericht bestritten, einen der damals noch fünf Angeschuld­igten zu kennen. Die haben sich bisher ohnehin nicht zu den Vorwürfen eingelasse­n. Bei einer Spielhalle­nschießere­i 2014 in Erfurt, deren Spur ins armenische Mafia-milieu führt, standen die jetzt Angeklagte­n und der Boxer Murath bereits im Fokus der Ermittler.

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FOTO: F. KLAUS Angeklagte­r (re.) und Verteidige­r im Amtsgerich­t Erfurt

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