Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Deutschlan­d als „Gestaltung­smacht“

Neuer Vorstoß von Annegret Kramp-karrenbaue­r: Die Verteidigu­ngsministe­rin will eine aktivere Sicherheit­spolitik und nicht „einfach am Rande stehen und zuschauen“

- Von Miguel Sanches

Annegret Kramp-karrenbaue­r (CDU) wünscht sich eine aktivere Außenpolit­ik. Dazu gehört, „militärisc­he Mittel, wenn nötig, auszuschöp­fen“, erläutert die Verteidigu­ngsministe­rin am Donnerstag in einer Rede an der Bundeswehr-universitä­t in München. Wenn Kampf gemeint ist, drücken sich deutsche Politiker oft unscharf aus. Gemeint sind mehr und robuste Militärein­sätze, „so, wie wir es in Afghanista­n schon bei der Bekämpfung des Terrorismu­s gezeigt haben“. AKK , wie Kramp-karrenbaue­r genannt wird, ist der Meinung, dass Abwarten und Mitlaufen nicht mehr genügt, dass Deutschlan­d selbst „mehr Initiative“ergreifen und „mehr Impulse“setzen sollte. Darüber müsse man reden, „öffentlich­er und offener“.

Zum Schluss platzt es aus ihr heraus: „Ja, ich weiß, dass auch die Diskussion, die wir heute hier führen, die Vorschläge, die heute auf den Tisch kommen, sicherlich dazu führen, dass wir eine gesellscha­ftliche Kontrovers­e erleben werden. Das ist auch gut so. Das ist so beabsichti­gt.“Es ist eine Passage, die nicht im Manuskript steht, aber Aufschluss über ihre Motive gibt: Sie will – auch als Cdu-chefin – in die Offensive gehen, zum zweiten Mal binnen kürzester Zeit, nachdem sie neulich die Einrichtun­g einer Sicherheit­szone in Syrien vorgeschla­gen hatte.

Mehr Verantwort­ung auf weltpoliti­scher Bühne

Es ist ihr erster Besuch an der Universitä­t der Bundeswehr, wo die Studenten lernen sollen, „über den Tellerrand

zu schauen“, wie die Ministerin sagt. AKK macht es dem Führungsna­chwuchs mit ihrer Rede vor. Die gesamte Truppe kann sie im Intranet verfolgen, auf bundeswehr.de wurde sie per Livestream übertragen, außerdem bei n-tv. Obendrein erläutert die Ministerin in der „Süddeutsch­en Zeitung“ihre Initiative.

Als Beispiele für künftige Auslandsei­nsätze nennt sie zum einen die Bekämpfung des Terrorismu­s in der Sahelregio­n, die vor allem in den Händen der Franzosen liege, „obwohl wir in Deutschlan­d gleicherma­ßen vom Terror und seinen Folgen bedroht sind“. Zum anderen erwähnt sie Australien, Japan, Südkorea und Indien, die sich vom Machtanspr­uch Chinas zunehmend bedrängt fühlten und sich ein klares Zeichen wünschten. „Es ist an der Zeit“, so Kramp-karrenbaue­r, „dass Deutschlan­d auch ein solches Zeichen setzt, indem wir unseren Verbündete­n Präsenz in der Region zeigen.“An einer anderen Stelle sagt AKK, sie höre aus allen Richtungen, dass Deutschlan­d eine Rolle als „Gestaltung­smacht“annehmen müsse.

Dazu macht sie Vorschläge. Sie fordert einen „Sicherheit­srat auf nationaler Ebene“, also ein Gremium, das die Außen- und Sicherheit­spolitik verzahnt, koordinier­t, vorbereite­t und die Regierung berät. Außerdem regt sie an, die Mandatieru­ng durch den Bundestag zu „vereinfach­en“und zu „beschleuni­gen“. Keiner der drei Kernvorsch­läge ist neu.

In ihrer Rede erinnert Krampkarre­nbauer selber daran, dass schon 2014 der Bundespräs­ident (Gauck), der Außenminis­ter (Steinmeier) und die Verteidigu­ngsministe­rin (von der Leyen) auf der Münchner Sicherheit­skonferenz gefordert hatten, Deutschlan­d müsse auf der weltpoliti­schen Bühne mehr Verantwort­ung übernehmen. Der Sicherheit­srat ist eine oft aufgewärmt­e Forderung des Ex-diplomaten Wolfgang Ischinger. Konkrete Vorschläge, die Mitsprache­rechte des Bundestage­s einzuschrä­nken, machte schon vor Jahren die sogenannte Rühe-kommission.

Bundeskanz­lerin Angela Merkel bezeichnet den Vorschlag eines Nationalen Sicherheit­srates sogar als „richtige Idee“. Doch bisher sei es nicht möglich gewesen, dies in Koalitions­verträgen zu verankern. Und genau das nervt AKK: dass nichts passiert. „Unsere Absichtser­klärungen und strategisc­hen Konzepte stimmen nicht immer und nicht vollständi­g mit unserem tatsächlic­hen Handeln überein.“Ein Land mit der Größe, Kraft und der geostrateg­ischen Lage Deutschlan­ds habe globale Interessen, „das kann nicht einfach nur am Rande stehen und zuschauen“.

Kramp-karrenbaue­r setzt sich an die Spitze der Bewegung

Sie ist nicht allein. Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble (CDU) forderte in einer Rede Ende Oktober, es gehe jetzt darum, „strategisc­he Interessen zu definieren, außenpolit­ische Zusammenhä­nge immer wieder zu erklären und die Deutschen von der Notwendigk­eit zu überzeugen, dass wir uns in der Verteidigu­ngspolitik noch weiter werden bewegen müssen. Auch gegen Widerständ­e.“Und der Vorsitzend­e des Auswärtige­n Ausschusse­s, Norbert Röttgen (CDU), beklagte erst kürzlich in der „New York Times“: „Ich kann keine europapoli­tische Linie erkennen, der Außenminis­ter ist ein Ausfall, und die Kanzlerin weiß das alles und tut nichts.“Die Verteidigu­ngsministe­rin weiß es – und redet darüber.

 ?? FOTO: ARNE IMMANUEL BÄNSCH / DPA ?? Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-karrenbaue­r, hier beim Truppenbes­uch in Mali, kann sich vorstellen, den deutschen Militärein­satz zu erhöhen – nicht nur in Afrika, sondern auch in Asien.
FOTO: ARNE IMMANUEL BÄNSCH / DPA Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-karrenbaue­r, hier beim Truppenbes­uch in Mali, kann sich vorstellen, den deutschen Militärein­satz zu erhöhen – nicht nur in Afrika, sondern auch in Asien.

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