Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
„Behördenhandeln sollte verständlicher werden“
Pilotprojekt des Bürgerbeauftragten Kurt Herzberg stößt auf positive Resonanz
Bürger, die eine Zahlungsaufforderung einer Behörde erhalten, ergeben sich manchmal in ihr Schicksal, ärgern sich still und überweisen den Betrag. Andere jedoch gehen dagegen vor. Allerdings ist der Kampf mit oder gar gegen die Verwaltung beschwerlich. Deshalb hat sich Thüringens Bürgerbeauftragter Kurt Herzberg eingeschaltet und im Juni 2018 ein Pilotprojekt gestartet. Mit Erfolg, wie er am Montag resümierte.
Das Projekt mit dem etwas sperrigen Titel „Mündliche Erörterung im Widerspruchsverfahren“wurde in den Landkreisen Sömmerda und Kyffhäuserkreis sowie mit wissenschaftlicher Begleitung durch Matthias Knauff, Lehrstuhlinhaber für öffentliches Recht an der Friedrichschiller-universität Jena, durchgeführt. Bürger, deren Widerspruch an die Kommunalaufsicht beim Landratsamt abgegeben wurde, konnten an einem von Herzberg moderierten Gespräch teilnehmen. Es ging unter anderem darum, ob das Ganze zu einer Reduzierung des Gesamtaufwandes beiträgt.
Von den 103 bearbeiteten Widersprüchen
wurden Herzberg zufolge 52 Erörterungen abgeschlossen. 25mal seien Widersprüche zurückgezogen worden, sechsmal habe die Behörde ganz oder teilweise Abhilfe geschaffen. 17-mal werde das Verfahren fortgeführt. Viermal gebe es keine Angaben. „Behördenhandeln sollte verständlicher und nachvollziehbarer werden“, forderte Herzberg. Wenn die Verwaltung einen Widerspruch, bei dem es beispielsweise um Abwassergebühren, Grundsteuer oder Hundesteuer gehen könne, erst einmal prüfe, entstehe für den Bürger ein Kostenrisiko zwischen 30 und 3000 Euro. „Das schreckt ab“, so Herzberg.
Das Projekt sei von den Beteiligten
als bürgernah und kommunikationsvereinfachend wahrgenommen worden, erläuterte Knauff. Der Rechtsschutz werde gestärkt und Verwaltungsgerichte könnten entlastet werden. Für eine Bürgerin aus Großenehrich (Kyffhäuserkreis) hat sich der Einsatz des Bürgerbeauftragten auf jeden Fall gelohnt. Sie war von der Verwaltungsgemeinschaft aufgefordert worden, Friedhofsunterhaltungsgebühren für 2014 bis 2018 zu zahlen. Die Behörde sah die Frau zur Zahlung verpflichtet, da sie namentlich in der Graburkunde einer verstorbenen Dame genannt war. Die Bürgerin indes konnte diese Forderung nicht nachvollziehen. Sie war mit der Verstorbenen
nicht verwandt, hatte kein Erbe von ihr erhalten, sondern lediglich vor deren Tod ihre rechtliche Betreuung übernommen und sich später um die Beerdigung gekümmert. Die Kosten dafür hatte sie mit dem Betreuungsgericht abgerechnet. Herzberg prüfte den Sachverhalt und schlug der Verwaltungsgemeinschaft vor, auf die Forderung zu verzichten – was diese auch tat.
Auch ein Bürger aus Frömmstedt (Kreis Sömmerda) bat Herzberg um Hilfe. Der Mann wehrte sich gegen die Zahlung eines wiederkehrenden Straßenausbaubeitrages für vor dem 20. September 1997 fertiggestellte Baumaßnahmen. Ausgehend von dem Bescheid sollte die Erhebung verteilt auf 20 Jahre ab 2013 erfolgen. Den von der Verwaltungsgemeinschaft gewählten Weg hält der Bürgerbeauftragte für rechtswidrig. Eine abschließende Entscheidung steht noch aus.
Sömmerdas Landrat Harald Henning (CDU) räumte ein, dass Bescheide meistens so verfasst seien, „dass sie der Bürger nicht versteht“. Er bedauere, dass das Projekt nicht fortgeführt werde. Manchmal werde zu wenig miteinander gesprochen.