Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Eine große Chance vergeigt

- g.sommer@tlz.de Leitartike­l Gerlinde Sommer zur Abwahl von Stephan Brandner

Stephan Brandner wirkt wie eine Art Poltergeis­t. Er trumpft auf. Er lässt sich innerhalb der AFD kaum einordnen und will auf keinen Fall ein Schleppent­räger von Björn Höcke sein. Wenn einer hoch fliegt, dann er. Politisch mäanderte er einst in der Union. Inzwischen hat er seine alternativ­e Heimat gefunden. Seine Schimpftir­aden und die damit verbundene­n Ordnungsru­fe im Landtag sind legendär. Dabei war er nur von 2014 bis 2017 in Erfurt. Dann wurde ihm Thüringen zu klein: Er suchte sein Glück in Berlin.

Brandner hatte in seinem Dasein als vermeintli­cher Polit-profi im Bundestag seit zwei Jahren die große Chance, sich neu zu erfinden. Und er suchte sich mit dem Vorsitz im Rechtsauss­chuss als gelernter Jurist eine herausford­ernde, aber bewältigba­re Aufgabe. Nun ist er gescheiter­t. Und dies wird nicht erst durch seine Abwahl offenkundi­g. Gestolpert ist er weniger über das Negativ-votum seiner Kollegen im Ausschuss. Gescheiter­t ist er vor allem an sich selbst.

Brandner hat sich offenbar nicht im Griff. Und es steht zu befürchten, dass er sich nicht im Zaume halten will und das auch gar nicht kann. Brandner wäre für die AFD eine Chance gewesen, auf hoher politische­r Ebene zu beweisen, dass diese neue Partei mehr kann als Stampfen und Krawall, Auslachen und Verunglimp­fen, mehr als „Vogelschis­s“und „erinnerung­spolitisch­e Wende“…

Selbstvers­tändlich stilisiert sich Brandner nun als vermeintli­ches Opfer. Aber ehrlich: Diese Rolle steht ihm nicht. Er hat die Möglichkei­t vergeigt zu zeigen, dass ein guter Jurist durchaus rechts von der Union eine wichtige Funktion in allen Ehren und im Sinne der gestellten Aufgaben ausüben könnte. Auch als unbequemer Geist. Nun kann er umso ungenierte­r weiterpolt­ern. Er ist, falls er Opfer sein will, Opfer seiner selbst.

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