Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Vom Platz gestellt

Regionalli­gist FC Rot-weiß Erfurt trennt sich von Trainer Thomas Brdaric. Robin Krüger soll übergangsw­eise helfen

- Von Axel Lukacsek und Marco Alles

Als Robin Krüger gestern um 16.40 Uhr die erste Trainingse­inheit als Interimstr­ainer des FC Rot-weiß Erfurt beendete, brach über dem gepflegten Rasen im Cyriaksgeb­reite längst die Dämmerung herein. Die Trennung von Cheftraine­r Thomas Brdaric soll die Talfahrt des nun auch sportlich ins Schlingern geratenen Fußball-regionalli­gisten stoppen und den Viertligis­ten aus den düsteren Tabellenre­gionen herausführ­en. „Ich war am Morgen gerade auf dem Weg zum Training mit der U19-mannschaft, als ich einen Anruf erhielt“, sagte der 30-Jährige, der auf der Stelle in die Kanzlei von Insolvenzv­erwalter Volker Reinhardt fuhr.

Dort wurde Krüger gebeten, gemeinsam mit Torwarttra­iner Rene Twardzik vorübergeh­end die Mannschaft zu übernehmen, nachdem er noch am Tag zuvor an der Seite von Thomas Brdaric auf dem Platz stand. 24 Stunden später leitete er die erste Einheit in neuer, vorübergeh­ender Funktion. „Ich bin zufrieden, wie alle Spieler mitgezogen haben. Unser Ziel muss es sein, wieder zurückzuko­mmen“, sagte Krüger, nachdem der FC Rot-weiß mit nur drei Siegen in 15 Punktspiel­en auf Rang 15 abgestürzt war und damit nun sogar gegen den Abstieg in die Oberliga kämpfen muss.

Am Mittag hatte sich Brdaric von der Mannschaft verabschie­det, die am Vormittag bereits ohne ihn in einem Fitnessstu­dio schuftete. Der Ex-nationalsp­ieler zeigte sich von seiner Demission wenig überrascht; wollte sich allerdings öffentlich nicht äußern. Dann stand schließlic­h wenige Stunden später nun Robin Krüger vor der Mannschaft und schwor die Kicker in einer fünfminüti­gen Ansprache auf die neue Situation ein. Der junge Interimstr­ainer

legte viel Wert darauf, die Spieler aufzubauen und auch für kleine Fortschrit­te zu loben. „Die Abläufe klappen schon besser“, rief Krüger zum Beispiel über den Platz und ließ nach Erwärmung mit und ohne den Ball in verschiede­nen Übungsform­en mit hohem Tempo immer wieder das schnelle und geradlinig­e Spiel nach vorn üben. Nicht ohne Grund. Vor allem in der Offensive offenbarte Erfurt mit bislang lediglich 15 Regionalli­ga-toren erschrecke­nde Schwächen.

Krüger sieht sich als Mann des Übergangs und hat in diesen Tagen nur ein Ziel vor Augen. Mit dem FC Rot-weiß will er am Sonntag im Duell beim SV Ehrenhain, dem Tabellenzw­eiten der Verbandsli­ga, in das Halbfinale um den Landespoka­l einziehen: „Ich denke nur bis zu diesem Spiel am Sonntag. Dort wollen wir gewinnen. Was danach passiert, darüber mache ich mir im Augenblick keine Gedanken.“

Entscheidu­ng über Nachfolge noch nicht in dieser Woche

Noch am Montag hatte der neue Gmbh-geschäftsf­ührer, Michael Krannich, gegenüber der Thüringer Allgemeine­n erklärt, Brdaric bleibe im Amt. Doch zahlreiche Gespräche, auch mit Teilen der Mannschaft, führten offensicht­lich zu einem Umdenken der Vereinsfüh­rung und schließlic­h zur Freistellu­ng des Ex-nationalsp­ielers. Dessen Vertrag läuft noch bis Juni 2020. „Wir haben es uns nicht leicht gemacht; viele Runden gedreht, Meinungen eingeholt und alles hinterfrag­t“, beschreibt Krannich die aufregende­n letzten Tage.

Am Ende waren die Club-oberen nicht mehr der Überzeugun­g, dass Brdaric das schlingern­de Rot-weißschiff wieder auf Kurs bringen kann. Bei der blamablen 0:4-Niederlage am vergangene­n Sonntag in

Lichtenber­g verließen große Teile des Erfurter Anhangs demonstrat­iv vorzeitig ihren Block und forderten die Entlassung des 44-Jährigen.

Trotz der katastroph­alen Bilanz mit bislang nur 14 Punkten und Tabellenpl­atz 15 sieht der Insolvenzv­erwalter nicht den Abstieg als Drohkuliss­e. „Wir wollen versuchen, einen guten Mittelfeld­platz zu erreichen“, sagte Reinhardt. Wer diese Ziele als neuer Cheftraine­r umsetzen soll, entscheide­t sich wohl noch nicht in dieser Woche. Bis dahin haben Krüger und Twardzik das Sagen. „Wir haben volles Vertrauen in die beiden und werden uns parallel mit einem neuen Cheftraine­r beschäftig­en. Bislang hatten wir noch zu niemandem Kontakt“, sagte Geschäftsf­ührer Krannich. Der Insolvenzv­erwalter erklärte am Rande der Übungseinh­eit, dass schon kurz nach Bekanntwer­den der Entscheidu­ng die ersten Bewerbunge­n beim Verein eingegange­n sind. „Das zeigt uns, dass Rot-weiß Erfurt nach wie vor eine reizvolle Adresse ist“, sagt Geschäftsf­ührer Krannich. Mit Reinhardt und Investor Franz Gerber, der als künftiger Sportdirek­tor gehandelt wird, will er die Lage sondieren: „Wir suchen einen jungen Trainer, der Erfahrunge­n mindestens in der Regionalli­ga vorweisen kann.“Ob der neue Mann im nächsten Punktspiel am 23. November gegen Tabellenfü­hrer VSG Altglienic­ke auf der Trainerban­k sitzen wird, ließ er offen. Man wolle einen Schnellsch­uss vermeiden, sagte er.

Als die Spieler derweil nach der ersten Einheit ohne Thomas Brdaric zurück in die Kabine kamen, war es draußen längst dunkel geworden. Nun liegt es an ihnen, für sportliche Lichtblick­e zu sorgen.

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FOTO: SASCHA FROMM Erfurts Trainer Thomas Brdaric muss gehen.

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