Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Wird Toni Kroos noch gebraucht?

Der Weltmeiste­r und viermalige Champions-league-sieger ist bei Jogi Löw gesetzt. Doch Jüngere drängen nach

- Von Sebastian Weßling

Der Rückkehrer fiel nicht groß auf: Toni Kroos, nach einer Verletzung­spause wieder dabei im Kreis der deutschen Nationalma­nnschaft, lief nicht vorweg im Training im Düsseldorf­er Stadion, wo sich die Mannschaft auf die Emqualifik­ationsspie­le gegen Weißrussla­nd am Samstag und Nordirland am Dienstag vorbereite­t (beide 20.45 UHR/RTL). Er fiel aber auch nicht zurück, er bewegte sich recht unauffälli­g inmitten der Gruppe. Und es gibt Kritiker, die meinen, damit lasse sich auch das fußballeri­sche Wirken von Toni Kroos angemessen zusammenfa­ssen.

Es gibt sogar erstaunlic­h viele Kritiker

angesichts der Laufbahn und der Erfolge, die der 29-Jährige vorzuweise­n hat: spanischer Meister, mehrfacher Double-gewinner in Deutschlan­d – vor allem aber: Weltmeiste­r und viermalige­r Champions-league-sieger. Letzteres hat vor ihm noch kein deutscher Fußballer geschafft. Und Kroos war stets Stammspiel­er und Leistungst­räger, er war der Dirigent des deutschen Ballbesitz­spiels.

Den Umbruch nach der desaströse­n Weltmeiste­rschaft 2018, der Mats Hummels, Jerome Boateng und Thomas Müller hinwegfegt­e, hat Kroos überstande­n – obwohl sein Name und sein Spielstil untrennbar verbunden zu sein schien mit jenem Ballbesitz­spiel, das nun plötzlich als Relikt von vorgestern galt. Weil es die deutsche Mannschaft bis zum Exzess getrieben hatte, weil sie am Ende weniger den Gegner als sich selbst einschläfe­rte und deswegen in Russland gehörig baden ging.

Nun soll es schneller gehen nach vorne, dynamische­r, es soll mehr gedribbelt und direkter in Richtung Tor gespielt werden. Kein Kroos-stil also. Wird der da überhaupt noch gebraucht? Ja, finden die gewichtige­n Fürspreche­r, die er nach wie vor beim DFB hat. Einer davon heißt: Toni Kroos. „Ich bin immer gerne bereit, mich anzupassen“, sagt er – und betont dass sein Typ ja immer noch gebraucht werde. „Wir reden jetzt immer von Spielern, die in

Eins-gegen-eins-situatione­n gehen können, von denen wir mehr haben. Aber die musst du natürlich in diese Situatione­n bringen.“

Kroos hatte durchaus einen Abschied von der Nationalma­nnschaft erwogen, weil er als Vielspiele­r bei Real Madrid ohnehin schon kaum Pausen und damit auch nur wenig Zeit für die Familie hatte. Doch am Ende überwog die Lust, den Umbruch mitzugesta­lten – sehr zur Freude des Bundestrai­ner, der nach wie vor zu den größten Kroos-fans zählt: „Toni ist mit seiner Erfahrung, mit seiner Klasse ein Stabilisat­or“, meint Joachim Löw. „Er tut unserem Spiel gut, er hat eine große Ausstrahlu­ng.“Nationalma­nnschaftsd­irektor Oliver Bierhoff sagt: „Toni ist einfach wichtig, weil er der Mannschaft durch seine Position in der Zentrale aufgrund seiner Erfahrung Halt, Rhythmus, und eine Richtung geben kann. Aber er muss sich natürlich auch der Konkurrenz stellen.“

Und die drängelt immer ungeduldig­er von hinten nach. Im derzeit favorisier­ten 3-4-3-System besetzt Kroos einen der beiden Plätze im zentralen Mittelfeld, den anderen belegt Joshua Kimmich. Kein Platz also für hochklassi­ge Fußballer wie Ilkay Gündogan, Kai Havertz und den ebenfalls nach einer Verletzung zurückgeke­hrten Leon Goretzka? Noch überwiegen die Kroos-anhänger – zumindest bis zum nächsten Umbruch.

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FOTO: LUKAS SCHULZE / GETTY IMAGES mittelfeld­regisseur toni kroos

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