Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Naturkost-laden zieht in Herrenstra­ße 6

Neues Leben für das ehemalige Eisenwaren-geschäft in Bad Langensalz­a. Betreiber-genossensc­haft vor Gründung

- Von Friedemann Mertin

Die alten, abgewetzte­n Holzdielen knarren unter den Füßen, ein etwas muffiger Geruch liegt in der Luft, das Mobiliar versprüht den Charme vergangene­r Tage. Es liegt noch einige Arbeit vor den künftigen Betreibern des Naturkost-ladens in Bad Langensalz­a. Die derzeit elf Gleichgesi­nnten wollen in den nächsten Wochen und Monaten ihr geschäftli­ches Domizil im Gebäude Herrenstra­ße 6 beziehen und einrichten. Das Haus dürfte vielen Bad Langensalz­aern als das Eisenwaren-geschäft Hentschel ein Begriff sein.

Kürzlich haben die neuen Betreiber den Mietvertra­g unterschri­eben, informiert­e Nick Böttner am Mittwoch. Noch im November soll die Genossensc­haft offiziell gegründet werden. Die Eröffnung – ursprüngli­ch für dieses Jahr noch vorgesehen (diese Zeitung berichtete am 26. Juni) – ist nun für März des kommenden Jahres geplant.

Regionale Produkte ohne Verpackung

Das Ziel der Genossensc­haft ist es, regionale Lebensmitt­el zu fördern. Also die Produkte, die Bauern, Landwirte und Betriebe im Unstruthai­nich-kreis und der näheren Umgebung produziere­n. Denn Anbieter

regionaler Produkte gibt es schon jetzt einige. Von der Landfleisc­herei und der Landfactur in Kirchheili­ngen, über den Fleischmar­kt Aschara und das Gut Sambach in Mühlhausen bis hin zur Teeund Kräuterman­ufaktur im Stiftsgut Nägelstedt oder den Milchtanks­tellen in Körner und Anrode. Wer konsequent regional und plastikfre­i einkaufen möchte, muss bisher einige Stationen anfahren. Der Laden soll eine Art Plattform werden, indem diese Produkte an einem gebündelt werden.

„Wir haben eine Vereinbaru­ng mit einem Bauern aus Großwelsba­ch getroffen, der uns mit Obst, Gemüse und Eiern beliefern will. Für uns ist wichtig, dass wir nachvollzi­ehen können, wie die Produkte wo hergestell­t werden“, sagte Nick Böttner. Das Sortiment soll nicht überborden­d, sondern überschaub­ar und hochwertig sein. Warme Speisen auf die Hand sollen das Angebot abrunden. Die Produkte sollen im Laden frei von Plastik, mit möglichst wenig Verpackung angeboten werden. Trockenpro­dukte wie Nüsse, Müsli oder Kaffee sollen direkt in mitgebrach­te Gefäße gefüllt werden. Waschmitte­l und Shampoo soll es in großen Gebinden geben. Brotaufstr­iche und Milchprodu­kte sollen in Gläsern daherkomme­n. Obst und Gemüse soll in der naturgegeb­enen Verpackung an den Mann oder die Frau gebracht werden. Damit will die Genossensc­haft den aktuellen Trend hin zu mehr Umweltbewu­sstsein der Verbrauche­r aufgreifen.

Weltweit wird über Klimaschut­z und Müllvermei­dung gesprochen. Supermärkt­e wie Rewe und Edeka werben damit, künftig auf Plastikpro­dukte wie Strohhalme oder Picknickge­schirr zu verzichten. Dünne Obst- und Gemüsebeut­el sollen ebenso abgeschaff­t werden.

Auch die Verwendung eigener Frischhalt­edosen an der Wurst- und Fleischthe­ke wird getestet.

Bis zur Eröffnung ist es noch ein langer Weg. Die Holzdielen auf der etwa 90 Quadratmet­er großen Ladenfläch­e werden abgeschlif­fen. Der Schornstei­n soll wiederbele­bt, ein Ofen eingebaut werden. Im hinteren Bereich vom Erdgeschos­s steht ein weiterer Raum zur Verfügung – womöglich als Café. Mobiliar braucht es und einen Grundstock für das Sortiment. Nicht ganz unwichtig ist auch die Namensfind­ung. „Wir haben viele Ideen und Vorschläge gesammelt, uns aber noch nicht einigen können. Es soll was griffiges sein. Unsere ursprüngli­che Idee – Biosphäre – haben wir verworfen, weil der Bio-begriff geschützt ist“, erklärt Nick Böttner.

Für Finanz- und Rechtsfrag­en stehe ihnen eine Unternehme­nsberateri­n aus Erfurt zur Verfügung. Das notwendige Startkapit­al – zwischen 20.000 und 40.000 Euro – soll per Crowdfundi­ng, zu deutsch: Gruppenfin­anzierung eingenomme­n werden. Menschen, die das Projekt unterstütz­en wollen, können über eine noch einzuricht­ende Internetse­ite Geld spenden.

Dazu sei eigens ein Werbefilm produziert worden, in dem bekannte Personen der Stadt ihr Gesicht zeigen und damit symbolisch ihre Unterstütz­ung demonstrie­ren. Dieser Film soll unter anderem im Burgtheate­r-kino laufen. Teilgenomm­en haben laut Nick Böttner unter anderem Bad Langensalz­as Bürgermeis­ter Matthias Reinz (parteilos), Gästeführe­rin Mary Fischer, Gewerbever­einsvorsit­zender Christian König sowie Vertreter des Nationalpa­rks Hainich.

Die Gewinnüber­schüsse des Ladens sollen in soziale Projekte in der Region fließen, betonen die Verantwort­lichen.

 ?? FOTOS: FRIEDEMANN MERTIN (2) ?? Acht der bisher elf künftigen Genossensc­haftsmitgl­ieder, die den Laden betreiben wollen. Nick Böttner ist der zweite von links
FOTOS: FRIEDEMANN MERTIN (2) Acht der bisher elf künftigen Genossensc­haftsmitgl­ieder, die den Laden betreiben wollen. Nick Böttner ist der zweite von links
 ??  ?? In der Herrenstra­ße 6 in Bad Langensalz­a, lange Jahre ein Geschäft für Heimwerker-bedarf, soll ein regionaler Naturkost-bio-laden entstehen.
In der Herrenstra­ße 6 in Bad Langensalz­a, lange Jahre ein Geschäft für Heimwerker-bedarf, soll ein regionaler Naturkost-bio-laden entstehen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany