Habeck kritisiert Merkels „Weiter so“
Beim Parteitag beschließen die Grünen mögliche Enteignungen von Wohnkonzernen
Grünen-chef Robert Habeck hat den Machtanspruch der Ökopartei für die Zeit nach Angela Merkel unterstrichen. In einer leidenschaftlichen Rede zum Auftakt des dreitägigen Grünenparteitages in Bielefeld sagte Habeck vor mehr als 800 Delegierten, mit dem erkennbaren Ende der Ära Merkel stelle sich die Frage, wer danach die Weichen stellen wolle.
„Wir werben um Verantwortung, die neue Zeit mitzugestalten.“Die Grünen müssten aus dem Vertrauensvorschuss der Wahlerfolge und Umfragen konkrete Pläne schmieden: „Wir müssen aus Hoffnung Wirklichkeit machen.“Habeck warf der Kanzlerin vor, keinen Gestaltungsanspruch mehr zu haben. Das zeige sich beim Klimapaket der großen Koalition, das am Freitag im Bundestag beschlossen worden war. Merkel stehe nur noch für eine Politik des Machbaren und ein Weiter-so. Die Grünen seien die Kraft, die „eine Politik der Ermöglichung“anstrebe.
Habeck erinnerte an Merkels Aussage auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise, dass es nicht mehr ihr Land wäre, wenn sie sich für Humanität entschuldigen müsste. „Wo ist dieser Geist geblieben? Wir brauchen wieder Mut und Leidenschaft, die großen Dinge nach vorne zu denken“, sagte Habeck unter dem Jubel der Delegierten. Der 50-Jährige und die Co-vorsitzende Annalena Baerbock (38) stellen sich am Sonnabend zur Wiederwahl.
Am Freitagabend fassten die Grünen in Bielefeld Beschlüsse zur Wohnungspolitik.
So sollen Wohnungskonzerne notfalls enteignet werden können. Der Antrag der Parteispitze wurde mit nur einer Gegenstimme angenommen. Habeck sagte, Vergesellschaftung sei ein „krasser Eingriff in die Eigentumsverhältnisse“, der nur mit Bedacht gezogen werden dürfe.
Das Signal „Bauen lohnt sich nicht mehr“dürfe nicht vom Parteitag ausgehen. „Es ist ein scharfes Schwert, es darf nicht durch dauerhafte Benutzung stumpf gemacht werden.“außerdem wollen die Grünen ein Recht einführen, Wohnungen zu tauschen – ohne eine höhere Miete.
Der Präsident der Wohnungswirtschaft, Axel Gedaschko, kritisierte den Enteignungsvorstoß- „Ein zu leichtfertiger Umgang mit dem Thema Enteignung untergräbt das Vertrauen in den Staat, der an vielen anderen Stellen vorher nicht alles unternimmt, um schlechte Zustände rechtzeitig zu unterbinden“, erklärte Gedaschko.
Robert Habeck, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, will die Zeit nach Bundeskanzlerin Angela Merkel prägen.