Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Entlastung für Betriebsrentner ab Januar
Ruheständler sparen bei Krankenkassenbeiträgen, zahlen aber voll für die Pflegeversicherung.
Die Bundesregierung hat das Gesetz auf den Weg gebracht, mit dem Betriebsrentner einen Teil ihrer Krankenkassenbeiträge sparen. Ab 1. Januar 2020 soll ein Freibetrag von 159,25 Euro gelten. Das heißt: Erst ab dieser Höhe werden Krankenkassenbeiträge auf die Betriebsrente fällig. Zu zahlen sind der Beitragssatz der jeweiligen Krankenkasse plus Zusatzbeitrag. Bisher wurde der Kassenbeitrag auf die gesamte Betriebsrente fällig, sobald diese größer war als 155,75 Euro pro Monat. Diese „Freigrenze“gilt nun nicht mehr.
Der Gesetzentwurf, den das Bundeskabinett auf seiner Sitzung beschloss, soll den Kompromiss umsetzen, den Union und SPD vor einer Woche im Koalitionsausschuss gefunden hatten. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte, damit sei „eine jahrelange Debatte zu einer Entscheidung gebracht“. Außerdem würde das Vertrauen in die betriebliche Altersvorsorge gestärkt. Die 1,2 Milliarden Euro, auf die die gesetzlichen Krankenkassen künftig pro Jahr verzichten müssen, sei „finanziell noch darstellbar“. Vier Millionen Rentner würden profitieren.
Das Gesetz soll einen Streit beenden, der seit 15 Jahren schwelt. 2004 hatte die damalige rot-grüne Bundesregierung unter Beteiligung von CDU und CSU beschlossen, dass Rentner auf Einkünfte aus einer betrieblichen Altersvorsorge – das sind Betriebsrenten, aber auch Direktversicherungen – den vollen
Krankenkassenbeitrag zahlen. Der volle Beitragssatz liegt aktuell bei 14,6 Prozent, dazu kommt der Zusatzbeitrag.
Die Regelung sorgt für Aufregung, weil Rentner auf die gesetzliche Rente nur den halben Krankenkassenbeitrag (plus Zusatzbeitrag) zahlen. Die Rentenversicherung übernimmt die andere Hälfte. Klagen von Rentnern gegen diese unterschiedliche Behandlung waren mehrfach vor Gericht gescheitert.
Die große Koalition versucht, die Empörung der Betriebsrentner mit der Einführung des Freibetrags nun zu mildern. Grundsätzlich ändert sich an dem vollen Kassenbeitrag zwar nichts. Minister Spahn rechnet aber vor, dass nur noch ein Drittel der Betriebsrentner den vollen Beitrag zahlen muss. Die Rechnung geht so: Ein Drittel zahlt gar keine Beiträge, weil ihre monatliche Betriebsrente unter dem Freibetrag von 159,25 Euro liegt. Ein weiteres Drittel werde faktisch nur noch den halben Beitrag zahlen, wenn ihre Betriebsrente unterhalb von 318 Euro liegt. Rechne man den Freibetrag mit ein, so der Minister, ergebe sich der halbe Kassenbeitrag. Für das letzte Drittel schließlich ändert sich kaum etwas: Sie zahlen weiter den vollen Kassenbeitrag, können aber über den Freibetrag 300 Euro pro Jahr sparen.
Das dürfte vor allem Betriebsrentner ärgern, die eine einmalige große Auszahlung aus einem Versorgungswerk oder einer Versicherung erhalten. Diese Summe wird für die Ermittlung der Kassenbeiträge fiktiv auf zehn Jahre verteilt – damit gibt es zehn große Beitragszahlungen an die Krankenkasse. Spahn sagte, wenn einige dieser Jahre noch in der Zukunft lägen, würde der neue Freibetrag gelten. Das Gesetz gelte aber nicht rückwirkend: „Eine Rückabwicklung der letzten 15 Jahre wird es nicht geben können. Das ist finanziell nicht zu stemmen.“
Aus finanziellen Gründen bleibt bei der Pflegeversicherung alles beim Alten: Hier gilt weiter die Freigrenze von 155,75 Euro, was bedeutet, dass bei höheren Betriebsrenten der volle Pflegebeitrag auf die gesamte Betriebsrente gezahlt wird.
Diskussion auf dem Parteitag in Leipzig erwartet
Ein anderer Kompromiss der Koalition sorgt weiter für Streit: Die Einigung zur Grundrente wird den Bundesparteitag der CDU in Leipzig beschäftigen. Ein Initiativantrag von Kritikern der Einigung um den Hamburger Bundestagsabgeordneten Christoph Ploß, der unserer Redaktion vorliegt, beschäftigt sich mit der Finanzierung der Grundrente über eine Finanztransaktionssteuer, die es noch nicht gibt. Ploß sagte, seine Partei müsse „darauf achten, dass die Zusagen von Finanzminister Olaf Scholz eingehalten werden und die Grundrente solide finanziert wird“. Das Spd-konzept zur Finanztransaktionssteuer sei „sozial extrem ungerecht“. Die CDU dürfe nicht zulassen, dass Hedgefonds geschont und Kleinanleger geschröpft würden. Konkret forderte Ploß einen Freibetrag für Kleinanleger. „Außerdem darf eine Finanztransaktionssteuer nur im europäischen Kontext kommen, wie es im Koalitionsvertrag vereinbart ist“, betonte er.