Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Wie schnell muss Polizei sein?
Politik offen für Hilfsfristen. Gewerkschaft begrüßt Definition von Interventionszeiten
erfurt. Eine Debatte darüber, wann die Polizei nach einer Alarmierung am Einsatzort sein muss, schwelt seit dem Terroranschlag von Halle im Oktober – denn Hilfsfristen sind nicht definiert. „Bundesländerübergreifend gibt es keine Interventionszeiten“, sagt der Polizeiwissenschaftler Martin Thüne, der an der Polizeischule in Meiningen lehrt, im Gespräch mit dieser Zeitung. Dass es bisher auch keinen großen Drang danach gibt, das zu regeln, liegt aus seiner Sicht daran, „weil das regelmäßig einen Mehrbedarf an Personal bedeuten würde“.
Schon im Herbst 2016 hatte die sogenannte Baldus-kommission empfohlen, die sich mit der Thüringer Polizeistruktur auseinandergesetzt hat, Hilfsfristen zu definieren. In dem mehr als 130 Seiten starken Bericht heißt es, dass angeraten wird, „ein System zur Feststellung der Interventionszeiten zu schaffen“.
In der Politik zeigt man sich dafür in Thüringen mittlerweile offen. Spd-innenpolitikerin Dorothea Marx forderte schon nach dem Anschlag
in Halle Hilfsfristen, die sicherstellen, dass Polizei und Rettungsdienst mindestens zeitgleich am Einsatzort sind. Steffen Dittes, Innenpolitiker der Linken in Thüringen, sagt auf Anfrage, dass er sich dieser „zwar komplexen und schwierigen Debatte“keinesfalls verschließen würde. Cdu-innenpolitiker Raymond Walk sagt: „Solche Standards steigern die Qualität.“Er und Dittes verweisen aber auch auf die Folgen, die die Einführung solcher Fristen haben würde – vor allem mit Blick auf das Personal. Kai Christ, Landesvorsitzender der
Gewerkschaft der Polizei, begrüßt die Haltung: „Wenn wir über Interventionszeiten reden, dann könnten wir auch offen sagen, wie viel Polizeibeamte wir in Thüringen benötigen.“Denn dann wäre eine Ausrichtung an der Einwohnerzahl nicht mehr möglich, sondern müsste – nahezu analog zum Rettungsdienst – über eine Standortdebatte erfolgen.
Im Thüringer Innenministerium herrscht Zurückhaltung. Die Einsatz würden nach Eingang priorisiert und dann würden die verfügbaren Kräfte disponiert.