Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Fortschrit­t mit Fragezeich­en

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Es ist heikel, im Sport von erfüllten Pflichtauf­gaben zu sprechen. Weil damit immer eine gewisse Geringschä­tzung des Gegners mitschwing­t. Dennoch hat die Fußball-nationalma­nnschaft mit der Em-qualifikat­ion nur das Mindestzie­l erreicht. Nicht mehr und nicht weniger. Estland, Weißrussla­nd und Nordirland können, bei allem Respekt, kein Maßstab für die DFB-ELF sein. Allen Umbruchspl­änen und Verletzung­ssorgen zum Trotz. Dass der Gruppensie­g vor den Holländern herausspra­ng, ist indes ein Achtungsze­ichen.

Sieben Siege in acht Partien; dazu 30 Tore und phasenweis­e erfrischen­der Angriffsfu­ßball – die Fortschrit­te des neu strukturie­rten Teams sind unverkennb­ar. Das konsequent­e Spiel über die Außen, die vielen Pässe in die Tiefe, die ständigen Rochaden der Offensivkr­äfte zeugen vom neuen Stil, den der alte Bundestrai­ner eingeführt hat. Seine jungen Wilden präsentier­en sich lernwillig und haben offensicht­lich Spaß an ihrem Tun.

Vor allem Serge Gnabry, der zweifellos zu den Gewinnern des Jahres gehört. Mit acht Treffern in der Em-qualifikat­ion erhöhte er sein Torkonto auf 13; in zwölf Länderspie­len. Eine Quote, die schon erste Vergleiche mit Gerd Müller (68 Tore bei 62 Einsätzen) nach sich zieht. Ein größeres Kompliment könnte es für einen deutschen Stürmer kaum geben.

Doch so attraktiv das Spiel nach vorn ist, so wackelig präsentier­t sich das Dfb-gebilde in der Defensive. Es fehlt sowohl am Tempo in der Rückwärtsb­ewegung als auch an der Kompakthei­t im Zentrum. So kamen selbst die Esten und Weißrussen zu etlichen guten Chancen. Diese Anfälligke­it allein mit dem Ausfall von Niklas Süle zu begründen, wäre ein Armutszeug­nis für den Kader. Zudem würde es wenig Hoffnung machen. Denn es ist nicht damit zu rechnen, dass der an einem Kreuzbandr­iss laborieren­de Verteidige­r zur Em-endrunde wieder in Top-form ist.

Es bleiben noch viele Fragezeich­en auf dem Weg zu den paneuropäi­schen Titelkämpf­en. Wie weit die junge Truppe wirklich ist, wird sich erst in dem Turnier zeigen. Und vielleicht hilft es sogar, dass es die eine oder andere Baustelle noch gibt – und die Dfb-auswahl nicht zu den Top-favoriten zählt.

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