Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Ju-chef Gruhner tritt ab, doch Mohrings Gegner bleiben
Cornelius Golembiewski soll neuer Vorsitzender der Jungen Union werden. Landestag in Bürgel
Wer den Absturz, den die einst allmächtige Thüringer CDU bei der Wahl am 27. Oktober erlitt, in seinem ganzen Ausmaß begreifen will, muss sich bloß die Lage von Stefan Gruhner betrachten. Der Mann, der noch im Frühjahr mit guten Aussichten um den Bundesvorsitz der Jungen Union kämpfte, steht nun ohne Landtagsmandat da. Er verlor seinen Wahlkreis in Ostthüringen an die AFD.
Gruhner, der den Landesverband der Jungen Union seit 2010 führte, galt lange als das größte Jungtalent der Landespartei – wobei er sich allerdings stets mit dem Vorsitzenden von Landtagsfraktion und Landeschef Mike Mohring rieb. Er gehörte von Anfang an zum gegnerischen Lager, das, nachdem es in den vergangenen Jahren an Einfluss verlor, nun etwas unkoordiniert die Schwächung des Landesvorsitzenden betreibt. Allerdings ist Gruhner, wenn überhaupt, daran nur noch indirekt beteiligt. Nach dem Mandatsverlust gibt er auch den Ju-landesvorsitz ab, altersbedingt, mit 35 ist man selbst in der Jungen Union nicht mehr jung. Am Wochenende, auf dem Landestag in Bürgel, soll der Jenaer Medizinstudent Cornelius Golembiewski sein Nachfolger werden. Es gibt bislang keinen Gegenkandidaten.
Mohring hat also jetzt mit Gruhner einen Widersacher weniger in der Fraktion, aber auch in der Parteispitze. Dennoch ist die Zahl seiner Gegner zuletzt deutlich angewachsen. Der Landeschef, heißt es zunehmend in der Partei, habe nach dem Absturz um fast 12 Prozentpunkte nicht einmal rhetorisch die Verantwortung übernommen und durch sein taktisches Mäandern zwischen Linke-öffnung, Afd-befürwortern und einer aussichtslosen Simbabwe-koalition den Schaden
noch vergrößert. Allerdings wird das Meiste davon nur insgeheim gesagt, nicht zum Zitieren. Die Konkurrenten Mohrings warten lieber auf neue Fehler. So muss der Landesvorsitzende spätestens Anfang des nächsten Jahres das von ihm teilweise selbst verursachte Dilemma einer möglichen Kandidatur für das Ministerpräsidentenamt auflösen. Nachdem die Gespräche mit SPD und Grünen über eine Cdugeführte Koalition wie erwartet zu keinem Ergebnis führen, bleibt Mohring bei der geheimen Wahl im Landtag nur die Hoffnung auf Afdstimmen, die er aber offiziell nicht will. Der Parteichef kann dabei nur verlieren. Falls er antritt, dürfte er selbst in seiner Partei bundesweite Empörung generieren. Verzichtet er, was immer wahrscheinlicher erscheint, werden der rechte Flügel und die Werteunion aufheulen.
Erschwerend kommt hinzu, dass Mohring längst nicht mit allen Cdu-stimmen rechnen kann. Die Fraktion ist gespalten. Das belegt das schwache 67-Prozent-ergebnis bei seiner Wiederwahl zum Vorsitzenden – und das zeigen auch die vielen Kampfkandidaturen, die oft nur knapp entschieden wurden und bei denen keine Führung zu erkennen war.
Dies alles wird auf dem Ju-landestag im kleinen Bürgel bei Jena durch den Saal wabern. Die Hauptredner sind Gruhner, Mohring und der mit dem Landeschef in alter Feindschaft verbundene Parteivize Mario Voigt. Auch Cdu-generalsekretär Paul Ziemiak und Ju-bundeschef Tilman Kuban werden erwartet.
Doch obwohl es die erste größere Parteiversammlung nach dem Debakel vor knapp vier Wochen ist, gilt es als unwahrscheinlich, dass es zur offenen Konfrontation kommt. Die Voraussetzung für einen offenen Angriff auf Mohring wäre ein potenzieller Herausforderer. Doch Vize Voigt hat keine Mehrheiten in der Partei und ansonsten erkennbar keine große Lust. Und auch die Ambitionen von Mohrings Stellvertreter Christian Hirte, der als Wandler zwischen den Lagern Chancen besäße, erscheinen begrenzt: Er ist als Parlamentarischer Staatssekretär sowie Ost-beauftragter in Berlin ausgelastet.