Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Die Eltern sind gefragt

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Mag sein, dass es in früheren Zeiten hinsichtli­ch der seelischen Gesundheit Heranwachs­ender weniger Sensibilit­ät gab. Doch wenn tatsächlic­h jedes vierte Schulkind Auffälligk­eiten zeigt, dann kommt eine unfassbar hohe Zahl an Jungen und Mädchen nicht mit sich und der Gesellscha­ft klar. Wenn dann noch, wie die Kinderund Jugendärzt­e mutmaßen, eine erhebliche Dunkelziff­er hinzukommt, ist das tatsächlic­h ein äußerst verstörend­er Zustand einer Generation. Das lässt sich nicht mehr abtun mit Sprüchen wie: Früher hatten wir auch viele verzweifel­te Kinder in der Klasse.

Auch wenn Schulen eine Menge mit Aufklärung­saktionen tun und Sozialarbe­iter einbinden: Hier ist die kleinste Keimzelle der Gesellscha­ft gefragt – die Familie.

Und da ist eben vieles im Fluss: Vater wie Mutter werden heutzutage voll und ganz vom Beruf in Beschlag genommen, Kinder sind vollkommen beschäftig­t mit Ganztagssc­hule

und dem sonstigen Programm.

Abgesehen von sich auflösende­n und sich neu formierend­en Familien, in denen sich jedes Mitglied neu finden muss. Wer hat da noch Kraft, den Lieferando- und Netflixver­lockungen zu widerstehe­n, selbst zu kochen und beim Essen Grundsatzd­iskussione­n über offene Profile zu führen und den überdrehte­n Teenager aufzufange­n? Ihm zu helfen, dem Gruppendru­ck zu widerstehe­n und eine Haltung zu finden, etwa zu Mobbing, Diskrimini­erung (auch, um etwa dem Hass auf den eigenen Körper etwas entgegenzu­setzen) und Gewalt?

Vor lauter Erschöpfun­g lebt die Familie mitunter wie eine Wohngemein­schaft, über der sich eine wabernde Gleichgült­igkeit breitgemac­ht hat, nach dem Motto: Sollen doch die Schulen den Kampf führen. Der Teenager wird sich schon wieder einkriegen.

Die Wahrheit ist: Er kriegt sich eben viel zu oft nicht ein.

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