Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Stadtchef Bruns muss sich vor Gericht verantworten
Streit mit einstiger Mühlhäuser Spd-stadträtin Kirchner wird öffentlich ausgetragen. Keine gütliche Einigung erzielt
Der Weg zu einer gütlichen Einigung scheint lang - ob er zu einem positiven Ende geführt wird, ist nicht absehbar. Carsten Oehlmann sagt: „Ich habe eine vierspurige Autobahn gebaut auf dem Weg zu einer außergerichtlichen Einigung.“Er vertritt als Rechtsanwalt die ehemalige Mühlhäuser Spd-stadträtin Sandy Kirchner in dem Zivilprozess wegen Verletzung von Persönlichkeitsrechten. Beklagte sind der Mühlhäuser Oberbürgermeister Johannes Bruns (SPD) und der Stadtratsvorsitzende Kay-uwe Jagemann, der auch Vorsitzender des lokalen Spd-ortsvereins ist.
Beide sollen gegenüber Dritten gesagt haben, dass Kirchner wegen Vergehen im Rahmen ihrer früheren beruflichen Tätigkeit ihren Job verloren habe. Kirchner sieht darin eine Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte. Konkret soll Bruns das in einer Unterredung am Rande einer Spd-sitzung im August 2018 gegenüber vier Personen gesagt haben. Am Landgericht ist dieser Streit öffentlich geworden, weil sich weder Bruns noch Jagemann berufen gefühlt haben, eine von Kirchner geforderte Unterlassungserklärung zu unterzeichnen.
Dass das Tischtuch zwischen den Parteien zerschnitten ist, zeigt der Donnerstagvormittag am Landgericht deutlich. Während man sich früher gegrüßt hat und freundlich wie es auch unter Thüringer Spdgenossen
in der Regel üblich sein soll - miteinander umging, würdigen sich die Streitparteien auf dem Flur des Gerichtsgebäudes keines Wortes. Im Verhandlungssaal steht vor allem der Zwist zwischen Bruns und Kirchner im Fokus. Denn schnell wird klar, dass es wohl zwischen Jagemann und Kirchner zu einer gütlichen Einigung kommen könnte.
Nicht so beim Oberbürgermeister. Der hat im August 2018 mit drei Vorständen der örtlichen SPD und einem Stadtrat der Partei über die „Gerüchte“gesprochen, die Gegenstand des Streits sind. Das, sagt Bruns, will er genau so kenntlich gemacht haben und im Gespräch sei überdies Vertraulichkeit vereinbart worden. Tage später hat Bruns auch das gesteht er ein - gegenüber einem weiteren Stadtrat der Partei erneut, wie er sagt unter dem Mantel der Vertraulichkeit, über die Causa Kirchner gesprochen. Ihm sei es darum gegangen, zu ergründen, wie man damit politisch umgehe. „Wenn ich solche Dinge nicht mehr vertraulich besprechen kann, wie soll dann Politik noch möglich sein?“, stellt er eine Grundsatzfrage. Ob sich Bruns in einem sogenannten beleidigungsfreien Umfeld befunden hat oder nicht, wird das Gericht zu klären haben. Carsten Oehlmann macht deshalb deutlich, dass er für seine Mandantin eine ganz andere Rechtsauffassung vertritt. Abgesehen davon hätte Bruns die Möglichkeit gehabt, Kirchner direkt anzusprechen. Sie sei schließlich auch bei jener Spd-sitzung gewesen, an deren Rand Bruns die Thematik mit Parteifreunden u.a. Jagemann - erörtert hat.
Wie weit die Streitparteien von einer gütlichen Einigung entfernt sind, wird spätestens deutlich, als die Richterin genau das ausloten will. Oehlmann fordert von Bruns für seine Mandantin eine öffentliche Entschuldigung und eine finanzielle Entschädigung nicht unter 2000 Euro. Bruns Anwalt Thomas Fick bietet dagegen an, dass sein Mandant die Kosten für sich selbst tragen würde, wenn Kirchner die Klage zurückzieht – nach Einigung hört sich das (noch) nicht an.