Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Kämpferin zwischen den Pfosten
Die Thüringerin Katharina Günther steht zur Wahl als „Amateurfußballerin des Jahres“
Es ist noch gar nicht lange her, da schien ihre Sportkarriere vorbei zu sein, und bald wird sie vielleicht als „Amateurspielerin des Jahres“ausgezeichnet: Die Eichsfelderin Katharina Günther ist eine von fünf Kandidatinnen aus ganz Deutschland, die es bei der Aktion von „fussball.de“, dem Amateurfußballportal des Deutschen Fußballbundes (DFB), in die Endausscheidung geschafft haben.
242 Bewerbungen gingen ein. Günther, die bei Drittligist 1. FFV Erfurt zwischen den Pfosten steht, wurde als eine von fünf Spielerinnen in den kleinen Kreis derjenigen gewählt, die sich Hoffnungen auf den Titel machen dürfen.
Aktuell läuft es bei der Drittligatorfrau, die in Erfurt Stammspielerin ist, glänzend. Doch das war nicht immer so. Im Sommer 2016, als Günther mit der B-trainer-lizenz anfing, für einen Triathlon trainierte und sich „in der Blüte meines Lebens“wähnte, erhielt sie eine schockierende Diagnose.
Eine Bauch-operation war nötig, es folgte eine lange und quälende Zeit auf der Intensivstation und im Krankenhaus. „Die Ärzte haben mir damals gesagt, dass ich nie mehr würde Fußball spielen können“, erzählt sie. Doch die Mediziner hatten nicht mit dem starken Willen und dem Kampfgeist der Powerfrau gerechnet. Ein Jahr später stand Günther wieder auf dem Platz und kämpfte sich zurück zu alter Klasse.
Diese führte sie nicht nur zum Comeback, sondern nun auch womöglich zum Titel der „Amateurspielerin des Jahres“. Die Konkurrenz ist stark, weiß die Dingelstädterin, die am 27. November 37 Jahre jung wird.
„Damit bin ich wohl die älteste Spielerin in der dritten Liga“, mutmaßt die Torfrau. Doch das merkt man der Vollblutsportlerin, für die „Fußball mein Leben ist“, nicht an. Die 1,82 m große Günther überzeugt nicht nur durch starke Reflexe und Präsenz im Strafraum, sondern auch durch ihre technischen Fähigkeiten mit dem Fuß.
Kein Wunder, denn bis zu ihrem 30. Lebensjahr agierte sie als Feldspielerin, wechselte erst dann im Trikot des SV Dingelstädt ins Tor. „Ein Torwart hat gefehlt, also hat mich meine damalige Trainerin Claudia Lerch gefragt, ob ich zwischen die Pfosten will. Seitdem bin ich Torfrau“, erinnert sich Günther, die als Prokuristin im Autohaus ihrer Eltern arbeitet, schmunzelnd. Die neue Position erwies sich wie
geschaffen für die Leinefelderin. Sie klebt nicht auf der Linie, agiert eher wie ein elfter Feldspieler. Dank ihrer Ballfertigkeiten („Ich habe eine gute Schusstechnik“) kann sie den Rhythmus ihrer Elf mit genauer
Spieleröffnung in die richtigen Bahnen lenken. „Eigentlich spiele ich gar nicht als Torfrau, sondern bin mehr Libero, ein bisschen wie Manuel Neuer.“Der Bayern-münchenund National-keeper ist Günthers Vorbild – und Teil der Jury, die neben den Usern des „fussball.de“-portals über die Gewinnerin entscheidet.
Geht es nach Christian Hartmann, ihrem früheren Trainer beim FSV Uder, wäre die gelernte Kfzmechanikerin die ideale Amateurspielerin des Jahres. Als sehr „zielstrebig und ehrgeizig“charakterisiert Hartmann Günther, die Uder in der Winterpause der Spielzeit 2018/19 gen Erfurt verließ („Der Abschied ist mir schwer gefallen, aber ich wollte die Chance nutzen, noch einmal höher zu spielen“).
„Ich habe selten eine so sportbegeisterte Dame kennengelernt wie Katharina“, sagt auch Stefan Lerch. Den B-jugend-trainer des SC Heiligenstadt bezeichnet die Torhüterin als Vorbild: „Wenn meine Zeit als Spielerin vorbei ist, würde ich mit ihm gerne ein Trainerduo bilden.“
Die Nominierung ehrt die starke Torfrau, die mit Drittligist Erfurt in dieser Saison in der ersten Dfb-pokal-runde auf den 1. FC Saarbrücken traf. Doch sie sieht sich eher als Teamplayer: „Ich gewinne lieber Titel mit der Mannschaft als Einzelauszeichnungen.“Zu Recht stolz darf Günther, die von ihrem älteren Bruder Thomas einst mit auf den Fußballplatz genommen wurde und mit zehn Jahren anfing, im Verein zu kicken („In der E-jugend war ich das einzige Mädchen“), bereits jetzt über den Platz in den Top 5 sein.
Die Idee, sich für die Amateurfußballer-wahl zu bewerben, entstand in kleiner Runde und war eigentlich „nur Spaß. Ich habe mir gedacht, ich kann es mal probieren.“Also stellte Günther gemeinsam mit Lerch eine Power-point-präsentation zusammen, scannte Zeitungsartikel (die sie schon seit der Kindheit sammelt) und Fotos über und von sich ein und schickte ihre Bewerbung ab – mit Erfolg.
Ein Medienteam des Ausrichters war bereits vor Ort, filmte die Torfrau, die mit ihrem Arbeitgeber aktuell 76 Vereine und auch Kindergärten in der Region unter anderem mit Sportutensilien ausrüstet, nicht nur auf dem Fußballplatz, sondern auch an ihrer Arbeitsstätte und ließ Familienmitglieder und Freunde zu Wort kommen. Die unterstützen Günther immens: „Dafür bin ich ihnen sehr dankbar. Ohne sie wäre das alles für mich nicht möglich.“
Was der Titel „Amateurspielerin des Jahres“ihr bedeuten würde? „Es wäre ein schöner Abschluss der Karriere.“Und ein Höhepunkt nach dem Tiefpunkt und den schweren Monaten nach der Operation vor gut drei Jahren.