Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Republikaner stehen zu Trump
Die Enthüllungen sind spektakulär, doch die Ukraine-affäre kann dem Präsidenten bisher wenig anhaben. Ist das Amtsenthebungsverfahren ohne Chance?
Zwölf Diplomaten, darunter ein hochdekorierter Militär, Top-beamte und Botschafter mit exzellentem Ruf, haben den Anfangsverdacht durch eine Fülle von Indizien und Detailschilderungen untermauert: Us-präsident Donald war der Choreograf einer verfassungswidrigen Inszenierung, die den unter russischem Beschuss stehenden Verbündeten Ukraine bei Androhung millionenschwerer Druckmittel zu einer Schmutzkampagne gegen seinen möglichen Rivalen bei der Wahl 2020, Joe Biden, bewegen sollte.
Zwei Wochen lang haben Amerikas Demokraten entlang dieser Linie den Ukraine-skandal mit streckenweise beklemmenden Live-anhörungen im Fernsehen in die Wohnzimmer der Nation gebracht. Ihrem Ziel, die Bevölkerung für die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen den Mann im Weißen Haus hinter sich zu versammeln, sind sie dabei bis jetzt nicht näher gekommen.
Die Einschaltquoten waren bescheiden. Der republikanische Schutzwall Trumps im Kongress steht wie eine Eins. Und erste Meinungsumfragen zeigen, dass die Zahl derer, die einen Rauswurf Trumps vor der Wahl im nächsten November für unangemessen halten, sogar leicht gestiegen ist. Kurzum: Außerhalb der Eliten zeigt sich Amerika ungerührt über einen von den Alltagsthemen wie Krankenversicherung oder Steuerungerechtigkeit entfernten Skandal.
Dagegen glaubt der demokratische Chefankläger Adam Schiff, dass „Kiewgate“die Watergate-affäre von Richard Nixon aus den 70erjahren in den Schatten stellt. Warum? „Weil Donald Trump meint, er stehe über dem Gesetz.“Dass sich die Entrüstung über Trumps Bemühungen, Kiew mit erpresserischen Methoden als Wahlkampfhelfer gegen Joe Biden einzuspannen, in Grenzen hält, liegt nach Ansicht von Meinungsforscher Frank Luntz an der Polarisierung der Gesellschaft. „Wir leben in zwei verschiedenen Ländern, mit zwei verschiedenen Zeitungen und Fernsehsendern und Menschen, die völlig gegensätzliche Schlussfolgerungen ziehen.“
Trump-kritische Wähler konnten sich in den vergangenen zwei Wochen bei Sendern wie CNN und MSNBC mit solide belegten Argumenten und Analysen gegen den Präsidenten versorgen. Trump-anhänger dagegen wurden bei Fox News, OANN und rechtspopulistischen Portalen wie Breitbart mit der von Trump kuratierten Erzählung bombardiert, dass gegen ihn eine Hexenjagd im Gange sei. In Zahlen: 46,5 Prozent der Amerikaner wollten Trump zuletzt weghaben, 45,5 Prozent sind dagegen.
Ein Bild, das sich ändern könnte, müssten die „Dickschiffe“in den Zeugenstand. Rudy Giuliani, Trumps zwielichtiger Privatanwalt. Außenminister Mike Pompeo und der von Trump im Groll geschiedene Ex-sicherheitsberater John Bolton, darüber besteht kaum Zweifel, könnten Trump das Genick brechen. Aber sie verweigern sich bisher der Aufklärung. Sie gerichtlich zu zwingen, könnte Monate dauern und das Wahljahr 2020 überschatten.
Der Wortführerin der Demokraten im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, reichen die Indizien gegen Trump, um bald gemäß der Verfassung über die erste Phase einer Amtsenthebung abstimmen zu lassen. Die Vorwürfe im „Impeachment“-verfahren müssen vorher im Justizausschuss formal festgezurrt werden. Sie werden um Begriffe wie Erpressung, Bestechung, Amtsmissbrauch und Behinderung des Parlaments kreisen.
„Weil Donald Trump meint, er stehe über dem Gesetz.“Adam Schiff, demokratischer Chefankläger, glaubt, dass die Ukraine-affäre die Watergate-affäre um Präsident Richard Nixon in den Schatten stellt
20 Republikaner müssten zu den Demokraten überlaufen – undenkbar
Weil die Demokraten im Repräsentantenhaus die Mehrheit besitzen, wäre Trump, liefe alles nach Plan, wohl noch vor Weihnachten „impeached“. Was nur einen Teilsieg bedeutet. Ab Januar hätte der Senat als entscheidende Spruchkammer das Heft in der Hand. Dort geben die Republikaner den Ton an. Sie wollen die Anklage gegen Trump binnen zwei Wochen würdigen – und krachend ablehnen. Dass 20 Konservative zu den Demokraten überlaufen, so viele müssten es sein, erscheint heute noch unwahrscheinlicher als vor den Anhörungen. Selbst Trump-kritische Senatoren folgen der Lesart ihrer Kollegen im „House“: Was Trump mit der Ukraine gemacht hat, war staatsmännisch weder probat noch koscher. Aber längst nicht dramatisch genug, um zum ersten Mal in der 243-jährigen Geschichte der USA einen Präsidenten vorzeitig vom Stuhl zu holen.