Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Celin Hinske: Vor dem Sterben muss der Mensch keine Angst haben

Die 20 Jahre alte Mühlhäuser­in hat ein Jahr lang im Hospiz gearbeitet und möchte Bestattung­sfachkraft werden

- Von Alexander Volkmann

Der Tod ist kein Thema, mit dem sich die meisten Menschen häufig oder gerne beschäftig­en, schon gar nicht jüngere. Die 20jährige Celin Hinske aus Mühlhausen ist da eine Ausnahme. Und das hat einen nahe liegenden und sehr emotionale­n Grund. Als Celin 13 Jahre alt war, starb ihr Vater.

Seitdem hat die junge Frau sich viele Fragen rund um den Tod gestellt. Wie sterben wir? Was bedeutet „gutes Sterben“? Wie ist es, wenn man weiß, dass das Leben bald zu Ende geht?ihr Schulprakt­ikum hat sie in einem Bestattung­shaus gemacht, später half sie ein zweites und drittes Mal freiwillig dort aus. Vor einem guten Jahr machte Celin Hinske ihren Realschula­bschluss in Mühlhausen. Ihr Berufswuns­ch: Bestattung­sfachkraft. Nun absolviert­e die junge Frau einen achtmonati­gen Bundesfrei­willigendi­enst in einem stationäre­n Hospiz für Erwachsene – auch, um vielleicht Antworten auf ihre Fragen zu finden.

In einem Hospiz können Todkranke ihre letzten Tage und Wochen verbringen. Die Regeln in Sachen Schmerzmed­ikation seien weniger streng als zuhause, erläutert Celin Hinske. Aber in einem Hospiz findet keine Sterbehilf­e statt, das ist in Deutschlan­d verboten.

Zeitweise das Leben wie in einer großen Familie

Manchmal verbringen die Sterbenden nur wenige Tage bis zum Tod im Hospiz, einige sind aber auch über mehrere Monate dort. Es sei die würdevolle Vorbereitu­ng auf den Tod. Es herrschte eine liebevolle Atmosphäre in der Einrichtun­g, meint Celin Hinske. „Man fühlt sich geborgen.“

Auch sie fühlte sich wohl bei ihrer Tätigkeit. Zeitweise habe es sich angefühlt, wie eine große Familie. Neben der Routine, wie dem Erfragen und Zubereiten der Mahlzeiten, ging sie auch mit den Menschen spazieren und kam mit ihnen ins Gespräch. „Wenn Zeit war, saß ich auch bei ihnen am Bett und habe mich mit ihnen unterhalte­n und war einfach für sie da“, sagt die 20Jährige.

Man müsse als Mitarbeite­r eines Hospizes für den Sterbenden da sein. Es sei wichtig, ihn zu nichts zu zwingen. Es seien vorwiegend Gäste, so die offizielle Bezeichnun­g, die unheilbar an Krebs erkrankt sind. 230 derartige Einrichtun­gen gibt es in Deutschlan­d, zu wenig, findet Celin Hinske. Die Warteliste­n seien lang und viele Menschen könnten das Angebot nicht wahrnehmen. Es gebe einen großen Unterschie­d zwischen dem Hospiz und etwa einer Palliativs­tation im Krankenhau­s.

Die Erkenntnis: „Vor dem Sterben braucht man keine Angst zu haben.“Die vielen Gespräche, die Celin Hinske geführt habe, hätten sie nachdenkli­ch gemacht und bewusster für das Leben.

„Ich bin froh und dankbar für diese Erfahrunge­n“, sagt sie. Es habe Begegnunge­n geben, die sie sehr berührt hätten, Momente, in denen ihr und den Mitarbeite­rn die Tränen kamen – gerade, wenn lieb gewonnene Menschen verstarben. Denn obwohl klar ist, was am Ende eine

Hospizaufe­nthaltes steht, kommt der Tod bisweilen überrasche­nd. „Manchmal geht das Sterben schnell, manchmal dauert es länger“, hat Celin Hinske festgestel­lt.

Zu den Erinnerung­en im Hospiz gehört die Unterhaltu­ng mit einem Mann, der nach dem Berufswuns­ch der jungen Frau fragte.

Später erzählte er dann davon, dass er ein Autofan sei und sich vorstellen könnte, seine „letzte Fahrt“in einem Maserati anzutreten.

Die Hospizarbe­it sollte mehr in den Mittelpunk­t gerückt werden, findet Celin Hinske. Es helfe dem Sterbenden, wenn die Angehörige­n besser mit dem Thema vertraut seien. Dass der Betroffene nicht mehr leiden müssten, sei eine Erleichter­ung für beide Seiten.

Nun möchte Celin Hinske sich um einen Ausbildung­splatz zur Bestattung­sfachkraft kümmern – am liebsten in einem Familienun­ternehmen, bei dem der Mensch im Vordergrun­d steht.

Ihre Erfahrunge­n mit dem Tod hat Celin Hinske auf ihrer Internetse­ite zusammenge­tragen unter: www.meinheutig­esleben mitdemtod.jimdo.com.

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FOTO: ALEXANDER VOLKMANN Celin Hinske ist nach ihrem Bundesfrei­willigendi­enst in einem Hospiz dankbar für die Gespräche und Erfahrunge­n.

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