Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Auf den Spuren von in Japan
Der berühmte deutsche Maler hat dazu beigetragen, dass auf den Inseln im Seto-binnenmeer in Setouchi eine faszinierende Kunstszene entstand
Es war im Sommer 2011, als Kensuke Onishi eine Idee hatte. Auf einer kleinen Insel im japanischen Seto-binnenmeer wollte der Gründer von „Peace Winds Japan“ein Gerhard-richter-museum erbauen.
Doch auf der kleinen Insel Toyoshima gab es keine Infrastruktur, keinen Strom, kein fließend Wasser. Der Fischertourismus war weg, die wenigen Häuser zerfallen. Wie auf so vielen der
3000 Inseln Seto-binnenmeer.
Doch Onishi war geradezu besessen von seiner Idee, auf diesen Inseln wieder kulturelles Leben zu schaffen. Und so nahm er Kontakt zu Deutschlands derzeit bedeutendstem Maler auf. Acht Jahre später steht auf Toyoshima tatsächlich ein kleines Richter-museum. Und nicht nur das. In der gesamten Region Setouchi ist eine faszinierende Kunstszene entstanden, die jährlich eine Million Besucher anzieht.
Dass Gerhard Richter kein eigenes Museum eröffnen will, hat der Künstler häufig betont. Doch die Idee, einen architektonischen Entwurf für einen Ausstellungspavillon zu entwickeln, gefiel ihm. „Mich hat das gereizt, die Entwürfe zu machen. Das macht richtig Spaß. Ein Häuschen zu entwerfen, ist wie ein Hobby für mich“, so Richter damals in einem Interview mit dem Deutschlandfunk.
Heute weiß man: Er sollte das Häuschen tatsächlich entwerfen. Seit 2016 steht auf Toyoshima, mitten in einem Bambuswald, ein moderner Designerholzpavillon in der Dimension eines größeren Gartenhauses. „14 Panes of Glass“heißt die minimalistische Ausstellung, bei der sich 14 symmetrisch angeordnete Glasscheiben zu einem Gesamtkunstwerk formieren.
Wer diesen besonderen Raum betritt, kann sich nicht nur von der Glaskonstruktion, sondern auch vom Blick auf das Seto-binnenmeer inspirieren lassen. In der Weite dieses Meeres stößt man noch auf viele andere Inseln, die eine ähnliche Geschichte erzählen wie die des Gerhard Richter auf Toyoshima.
Setouchi begeistert mit charmanter Langsamkeit
Von der Präfektur Ehime aus ist es nicht mehr weit bis zur Präfektur Kagawa. Hier fahren Boote von der Hafenmetropole Takamatsu zu mehreren Kulturinseln. Das Lieblingsmuseum vieler Kunsttouristen liegt auf einem Berg auf der Insel Teshima. In einer Region mit vielen Reisfeldern hat der Architekt Ryue Nishizawa zusammen mit dem Künstler Rei Naito ein raumschiffgleiches Museum entworfen, das in seiner Form wohl einmalig ist.
Auf einer freien Fläche bewegen sich durch eine spezielle Konstruktion Wassertropfen durch den Raum. Die Besucher legen oder setzen sich auf den Boden und beobachten die Bewegung des Wassers oder schließen die Augen und lauschen den Klängen von Wasser und Wind. n Anreise: Ab Hamburg mit ANA über Wien nach Tokio Haneda und weiter nach Yamaguchi. Oder mit Japan Airlines über London und Tokio nach Takamatsu.
n Online: Weitere Informationen bietet das regionale Tourismusbüro unter der Adresse www.setouchi-artfest.jp.
(Die Reise wurde unterstützt durch Setouchi Tourismus.)
Deutlich mehr Farben und künstlerische Vielfalt hält dagegen die benachbarte Insel Ogijima bereit. Hier läuft man einen Panoramaweg entlang an verschiedenen Ateliers und Ausstellungsräumen vorbei. Der Künstler Haruki Takahashi hat eine Art Spinnennetz aus kompliziert konstruierten Keramikfäden installiert. Der Designer Yoshifumi Oshima entwirft bunte Onbas – kreativ gestaltete Rollatoren, die nicht nur von alten Menschen genutzt werden.
Auf der Nachbarinsel Naoshima sind die surrealistischen Kürbisse der Künstlerin Yayoi Kusama zu sehen. Sie ist bekannt als japanische Queen of Pop. All diese Ausstellungen sind Teil der Setouchi Triennale, eines Kunsfestivals, das hier alle drei Jahre stattfindet.
Aber auch so lohnt ein Besuch der Region. Wer sich in den Höhlen von Akiyoshidai, im Pottery Museum der Hafenstadt Hagi, im Töpferatelier von Mr. Kaneko, bei der Künstlerfamilie Miwa oder im Ritsurin Park der Millionenmetropole Takamatsu bewegt, der lernt das traditionele Japan kennen.
Setouchi überzeugt durch eine charmante Langsamkeit. Die Region im Süden Japans umfasst insgesamt sieben Präfekturen: Hyogo, Okayma, Hiroshima, Yamaguchi, Tokushima, Kagawa und Ehime. Was Setouchi auszeichnet, sind aber weniger die Metropolen, sondern kleine Orte, in denen die japanischen Traditionen gelebt werden.
Dazu gehört auch und vor allem das Essen, die Sake-brauereien oder der Matcha-tee, den man hier in den vielen Teehäusern gereicht bekommt. Und wer in einem echten Ryokan-bett schlafen will, kann das am Fuße der Ruinen der Takeda Burg machen – auch bekannt als Japans Machu Picchu. Der absolute Geheimtipp für eine Übernachtung liegt aber erneut auf der Richterinsel Toyoshima. In der Villa Kazenooto schläft man zwar nicht in einem Ryokan, dafür kann man auf der Terrasse in einem traditionellen Onsen, einem japanischen Thermalpool, baden und auf das Meer schauen. Auch Gerhard Richter dürfte dieser Ort erneut verzaubern, wenn er eines Tages nach Toyoshima zurückkehren sollte.