Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Jeder liebt für sich allein
Zwei-personen-musical „The Last Five Years“erzählt in der Erfurter Studio-box von der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen
Sie stehen sich gegenüber, Jamie und Cathy, jeder auf einer der beiden Zuschauertribünen, die eine lange und breite Gasse trennt. Sie gehen aufeinander zu und aneinander vorbei, biegen ab zu den beiden Enden, die sich spiegeln: auf Podesten zwei Mal das gleiche senfgelbe Sofa mit grünem und blauem Kissen und karierter Decke, davor ein Tischchen. Ihre Entfernung misst sich in Jahren: Es sind fünf.
„The Last Five Years“von Jason Robert Brown ist ein bemerkenswertes Kammerspiel im Gewand eines Zwei-personen-musicals. Es erzählt in Inhalt und Form von der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen als Beziehungsproblem. Im Ende vom Anfang einer Liebe spiegelt sich der Anfang vom Ende.
Das Paar, das nur einmal wirklich eines ist, singt in zwölf Solonummern und zwei Duetten aus gegenläufiger Perspektive davon. Cathy bewegt sich vom endgültigen, traurig-wütenden Abschied der Verlassenen bis zum hoffnungsvollen nach der ersten Liebesnacht. Bei Jamie ist‘s umgekehrt. Der offene
Raum der „Studio.box“(wir berichteten) begünstigt Nico Rabenalds Inszenierung am Theater Erfurt. Er kann spielend Einsamkeit in Zweisamkeit herstellen. Beide, die erfolglose Schauspielerin und der aufstrebende Erfolgsautor, sind häufig zusammen auf der Bühne, aber nur ein Mal beieinander: wenn sie ihr Leben miteinander teilen wollen, für immer. Ansonsten liebt jeder für sich allein, einer als Projektionsfläche des anderen, für ihn abwesend in Anwesenheit. Zwei Solisten im selben Raum, in den Hank Irwin Kittel ein Birkenwäldchen stellte, aber in verschiedenen Zeiten.
Dafür hat das Theater zwei glänzende Musicaldarsteller engagiert. Corinna Ellwanger glänzt auch dank ihrer Rolle noch um einiges mehr. Sie darf, sie kann aber eben auch als eine von Selbstzweifeln geplagte und diese mühsam überspielende, als in den Schatten des Mannes gestellte, sich aber an ihn klammernde und schließlich verlassene Frau eine große Gefühlspalette ausbreiten, mit vielen kleinen melancholischen, aber auch komödiantischen Zwischentönen. Tom Schimon hat als jugendlicher Springinsfeld,
zielstrebig und egozentrisch, weitaus weniger holprige Wege zu gehen; sein Jamie ist erst über beide Ohren verliebt in den Erfolg und dann enttäuscht von einer Liebe, die ihm zum Hemmschuh wird.
Beiden gelingt indes, ein ungleiches Paar plastisch werden zu lassen. Und ihnen gelingen alle der die Stimmbänder stark herausfordernden Songs mit ihren dunklen wie grellen Tönen. William Ward Murta begleitet sie grandios am Flügel.
Weitere Aufführungen: 30. November sowie 19., 21., 27., 28. & 29. Dezember