Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Corona wirkt sich bei Carl Zeiss aus
Technologieunternehmen legt seine Halbjahreszahlen vor und stellt Projekte auf den Prüfstand – auch in Jena?
Carl Zeiss reagiert mit einer Reihe von Maßnahmen auf die schwächere Geschäftsentwicklung durch die Corona-pandemie. Unter anderem stellt das Unternehmen einige Projekte zurück, kündigt der Vorstand auf der Pressekonferenz zu den Halbjahreszahlen an: Ist auch der Jenaer Zukunftsbau davon betroffen?
Zeiss plant, seinen neuen Jenaer Firmensitz auf einen Teil des ehemaligen Schottgeländes zu bauen und 350 Millionen Euro zu investieren. Bleibt es dabei? „Das Bauprojekt in Jena steht nicht auf der Entschleunigungsliste“, antwortet Finanzvorstand Christian Müller. Die Baustelle sei auch von den Auswirkungen der Pandemie betroffen – „mit gewissen Verzögerungen im Wochenbereich“, wie Müller erläutert. Er gehe davon aus, den Rückstand wieder aufzuholen.
Das neue Gebäude soll künftig den Großteil der Jenaer Mitarbeiter an einem Standort vereinen. Derzeit beschäftigt Zeiss 2270 Menschen in Jena, drei Prozent mehr als vor einem Jahr. Wegen der Coronapandemie befindet sich ein Teil der Beschäftigten in Kurzarbeit. Laut dem neuen Vorstandschef Karl Lamprecht ist derzeit kein Arbeitsplatzabbau geplant. Allerdings auch keine Einstellungen in Größenordnungen. Vielmehr versuche Zeiss, den Bedarf in der Halbleitertechnik durch interne Mitarbeiterverlagerungen zu speisen.
Die Halbleitertechnik gehört mit einem Plus von 17 Prozent zum Vorjahr zu den Treibern des Geschäfts. Die Chiphersteller steigen auf die neue Technologie Extreme Ultra Violet um, die noch kleinere Strukturen in den Prozessoren und Speicherbausteinen ermöglicht. Gemeinsam mit dem niederländischen Unternehmen ASML liefert Zeiss als einziger Hersteller die Ausrüstung für solche Fabriken.
Auch die in Jena angesiedelte Medizintechnik ist weiter leicht gewachsen. Dagegen gingen die Umsätze im Bereich Messtechnik und Forschung sowie im Endkonsumentengeschäft bereinigt zurück. Zuerst war die Krise in China, wo die ersten Covid-19-fälle aufgetreten sind, für Zeiss zu spüren. Deshalb habe das Unternehmen früh eine Taskforce eingerichtet, um erforderliche Maßnahmen zu koordinieren.
Vier Ziele seien bestimmend gewesen: die Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter zu schützen, den Geschäftsbetrieb bestmöglich weiterzuführen und die Kunden weltweit zu unterstützen sowie den wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie auf das Unternehmen bestmöglich entgegenzuwirken. Das vierte Ziel wirke über die aktuelle Krise hinaus: die Marktchancen und strategischen Optionen
zu nutzen, die sich durch die jetzigen Veränderungen ergeben.
In Zuge der Sofortmaßnahmen versetzte Zeiss 4000 Mitarbeiter in Deutschland in Kurzarbeit, darunter auch Beschäftigte in Jena.
Ein Teil der Belegschaft arbeitete von Zuhause aus, kehrt aber nun sukzessive in die Büros zurück.
„Jetzt ist Stabilität gefragt – vor allem auch im Sinne eines bestmöglichen Dienstes für unsere Kunden.
Die Auswirkungen der Pandemie erfordern dabei ein hohes Maß an Flexibilität und Anstrengungen aller Mitarbeiter“, sagt Lamprecht. Eine belastbare Prognose für das Geschäftsjahr 2019/20 gibt der Vorstandschef aufgrund der derzeit weltweiten Unsicherheiten durch die Pandemie nicht ab. Für die zweite Geschäftsjahreshälfte sei jedoch von einem Rückgang bei Umsatz und Ergebnis vor Zinsen und Steuern auszugehen.
Strategisch sei Zeiss sehr gut aufgestellt, versichert Lamprecht. „Die digitalen Themen müssen wir noch aggressiver anfassen.“Dazu soll die Übernahme des Softwareunternehmens Saxonia Systems AG in Dresden beitragen. Das Unternehmen agiert seit März 2020 unter dem Namen Carl Zeiss Digital Innovation und sucht neue Mitarbeiter.