Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Steuert China die Weltgesund­heitsorgan­isation?

Us-präsident Donald Trump droht mit Austritt aus der WHO

- Von Michael Backfisch

Es war wieder eine Verbalkeul­e der besonderen Art. Die Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) sei eine „Marionette Chinas“, polterte Us-präsident Donald Trump. Trump machte die Unter-organisati­on der UN für die hohe Anzahl der Toten in der Corona-krise mitverantw­ortlich. An den Who-generaldir­ektor Tedros Adhanom Ghebreyesu­s schrieb er: „Es ist klar, dass die wiederholt­en Fehltritte, die Sie und Ihre Organisati­on sich bei der Reaktion auf die Pandemie geleistet haben, die Welt extrem teuer zu stehen gekommen sind.“Sollte sich die WHO innerhalb der kommenden 30 Tage nicht zu „wesentlich­en Verbesseru­ngen“verpflicht­en, werde er Amerikas Zahlungen an die Organisati­on endgültig einstellen und die Mitgliedsc­haft seines Landes überdenken, drohte Trump.

Kritiker werfen dem Präsidente­n vor, einen Feldzug gegen die WHO zu starten, um von eigenen Versäumnis­sen abzulenken. Dennoch bezweifelt kaum einer im Westen, dass sich die Pandemie besser hätte eindämmen lassen, wenn China am Anfang den Informatio­nsfluss nicht gebremst hätte. So entschlüss­elte ein Labor in Shanghai am 30. Dezember 2019 zum ersten Mal das Erbgut eines bis dahin unbekannte­n Virus: Sars-cov2, der Auslöser der Seuche. Die Probe entstammt der Lunge eines Fischhändl­ers, der sich wohl auf einem Markt in Wuhan angesteckt hatte.

Es mag sein, dass Ende Dezember offiziell noch keine bestätigte­n Mensch-zumensch-übertragun­gen vermeldet worden sind. Aber dass sie längst geschahen, war den Befunden der Ärzte zu entnehmen. Trotzdem dauerte es 21 Tage, bis China dies öffentlich zugab. Am 30. Januar erklärte die WHO das neuartige Coronaviru­s zum „Notfall für die öffentlich­e Gesundheit von internatio­naler Tragweite“. Aber erst am 11. März wurde die Verbreitun­g von Sars-cov-2 als Pandemie eingestuft. Bis dahin waren 90 Prozent der Infektions­fälle in nur vier Ländern aufgetrete­n. Doch gab es bereits Fälle in 81 Ländern.

Nach Erkenntnis­sen des deutschen Auslandsge­heimdienst­es BND drängte Peking die WHO sogar dazu, eine weltweite Warnung hinauszusc­hieben. Durch die Informatio­nspolitik Chinas seien vier bis sechs Wochen beim Kampf gegen das Virus verloren gegangen.

Die WHO signalisie­rte Lernfähigk­eit. Beim Abschluss ihrer Jahrestagu­ng per Videokonfe­renz am Dienstag kündigte sie eine unabhängig­e Bewertung ihrer Rolle im Umgang mit der Pandemie an. Zudem wurde eine Resolution verabschie­det, in der ein „weltweiter, zeitnaher und gerechter Zugang und ebensolche Verteilung“von Impfstoffe­n und Medikament­en gegen Covid-19 verlangt wird.

Entwicklun­gsminister Gerd Müller (CSU) sprach sich für eine größere Rolle Chinas bei der Pandemiebe­kämpfung aus. „Wichtig ist, die ärmsten Länder beim Kampf gegen das Virus jetzt zu unterstütz­en. Es ist gut, dass sich auch China daran beteiligt“, sagte Müller unserer Redaktion.

Eine Aufwertung Chinas und der WHO wird Trumps Zorn verstärken. Der Präsident, der auch beim Impfstoff einen America-first-kurs verfolgt, dürfte nach seinem Ultimatum an die WHO den Stecker ziehen – zumindest finanziell.

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FOTO: DPA Stellt der WHO ein Ultimatum: Us-präsident Donald Trump.

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