Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Deutsche offen für grüne Technik
Studie „Technikradar 2020“zeigt: Mehrheit will Klimaschutz, aber selbst nur wenig dafür opfern
Die Deutschen fordern von Politik und Wirtschaft mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit – deutliche Abstriche im eigenen Alltag möchten sie dafür aber eher ungern hinnehmen. Das geht aus der repräsentativen Befragung Technikradar 2020 hervor, die am heutigen Mittwoch veröffentlicht wird.
Die Studie wird jährlich von der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (Acatech) und der Körber-stiftung durchgeführt. Sie untersucht, welche Einstellungen die Deutschen zur Digitalisierung und technologischen Entwicklung vertreten. In diesem Jahr stand im Fokus, was die Bundesbürger zu Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Biowirtschaft denken. Das Stimmungsbild erscheint stellenweise widersprüchlich. Das Motto vieler befragter Bundesbürger scheint zu lauten: Ich wünsche mir von Politik und Wirtschaft eine grüne Zukunft – aber lasst mich bei der Umsetzung aus dem Spiel.
Zwiespältig äußern sich die Deutschen etwa zum Umwelt- und Klimaschutz. Im Grunde ist die Mehrheit der Befragten für eine grüne Zukunft: Mehr als die Hälfte (57 Prozent) möchte fossile Brennstoffe wie Erdöl durch nachwachsende Rohstoffe ersetzen, über zwei Drittel (70,2 Prozent) meinen, dass Deutschland beim Klimaschutz Vorreiter sein sollte.
Für diese hehren Ziele wollen laut Studie aber die wenigsten persönliche Einschränkungen oder gar Verbote hinnehmen: Höhere Steuern auf fossile Brennstoffe wie Erdöl würde nur gut ein Drittel befürworten (35 Prozent). Nur rund jeder fünfte Befragte (22,2 Prozent) würde dem Staat zur Bekämpfung des Klimawandels zugestehen, auch persönliche Freiheitsrechte zu beschneiden. Beim privaten Autoverkehr hält es sich die Waage: Ein Drittel der Befragten ist für eine Beschränkung, fast genauso viele lehnen dies ab.
Studienleiter Professor Ortwin Renn, wissenschaftlicher Direktor am Institut für Transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) in Potsdam, erklärt die Widersprüche: „Das ist ein genereller Trend. Der Einzelne glaubt, sein Beitrag ist so gering, dass er gar nicht weiter ins Gewicht fällt.“Renn sieht dennoch eine positive Entwicklung „Anders als noch vor zehn Jahren sehen wir aber jetzt die Bereitschaft, dass jeder Einzelne sich und seinen Konsum für den Klimaschutz ändern muss. Trotzdem meinen viele: Ich selbst tue ja schon einiges. Jetzt müssen erst mal die anderen ran, und dann bin ich auch bereit zu folgen.“
Beim Thema Technologie ist die Grundhaltung der Deutschen optimistischer als noch 2018. „Die Menschen glauben, dass Technik für Wirtschaft und gesellschaftlichen Fortschritt notwendig ist. Sie sehen aber auch Risiken und Gefahren“, sagt Renn. Die Befragung fand bereits im September 2019 statt. Die Auswirkungen der Corona-pandemie will das Technikradar im kommenden Jahr beleuchten.