Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Thüringer Weg für die Schlösser finden
Zur Kulturstiftung Mitteldeutschland Schlösser und Gärten:
Mit der Veröffentlichung der Rahmenbedingungen des Staatsvertrages zwischen Sachsen-anhalt und Thüringen zur Gründung einer gemeinsamen „Schlösserstiftung“publizieren Sie diese geradezu abenteuerlich anmutenden Bedingungen dieses Vertrages. Thüringen gibt sang- und klanglos eine funktionierende Stiftung auf und disqualifiziert sich „freiwillig“in die Zweitrangigkeit.
Als inzwischen langjährig im Unruhestand immer noch an der Sache interessierter Denkmalpfleger habe ich hautnah nach der Wende die Bemühungen des neugegründeten Amtes für Denkmalpflege zur baulichen Sicherung unserer reichen Residenzarchitektur mitverantwortet. Nach Gründung der thüringer Schlösserstiftung konnten wir dies gemeinsam mit dem Team der Schlösserstiftung sehr erfolgreich fortsetzen. Der wissenschaftliche Ertrag hat sich in den jährlich erscheinenden Beiträgen der Schlösserstiftung niedergeschlagen. Genauso finden sich fundierte Beiträge in den Arbeitsheften des Landesamtes für Denkmalpflege.
Die Thüringer Schlösserstiftung kann auf eine sehr erfolgreiche Arbeit verweisen, die besonders in den Fokus die Residenzarchitektur beziehungsweise -kultur rückte. Dieses Konzept hat sich bewährt und fand in den stetig wachsenden Besucherzahlen und den vielfältigen Veranstaltungen der Stiftung, im mit den Museen und Fördervereinen gemeinsam durchgeführt werden, eine sehr positive Resonanz und ist in Thüringen als Institution und Organisation etabliert. In fast allen Bundesländern gibt es diese Schlösserstiftungen, zum Teil auch an die Landesämter für Denkmalpflege gekuppelt, zum größeren Teil aber selbstständige Einrichtungen. Und sie funktionieren, weil sie vor allem die landesspezifischen Interessen im Auge haben, also (bauliche) Tatbestände, die für die kulturgeschichtliche Entwicklung des jeweiligen Landes von Bedeutung sind. Und in Thüringen ist das vor allem die Residenzkultur in ihrer ganzen Vielfalt und in ihrer besonderen Ausprägung.
Thüringen besitzt so viele wertvolle Baulichkeiten, die in diese Mitteldeutsche Kulturstiftung eingebracht werden könnten. Wenn die Leitung dieser neuen Stiftung in Halle residiert, werden mit Sicherheit zunächst die sachsen-anhaltinischen Großbauten in den besonderen Genuss einer schnellen Förderung kommen. Ich denke hier nur als Beispiel an das Schloss Neuaugustusburg in Weißenfels und zahlreiche weitere Objekte in Sachsen-anhalt;
Thüringer Schlösser dürften dann wieder in der Warteschlange hinten stehen.
Ich habe den Eindruck, dass hier ein Prestigevorhaben des Ministers Hoff mit Gewalt durchgepeitscht werden soll, ohne die Möglichkeit einer „halbierten Förderung“durch den Bund ausreichend ausgelotet zu haben. Unter halbierter Förderung verstehe ich die getrennte Zuweisung von Fördermitteln des Bundes an die beiden beteiligten Länder unter der Vorgabe, förderfähige Objekte in die jeweils in den Ländern bestehenden Stiftungen einzubringen. Damit müsste natürlich eine Aufstockung des Personalbestandes einhergehen. Und die Thüringer Schlösserstiftung hat bisher mit der Denkmalpflege gemeinsam für alle Liegenschaften auch eine angemessene Nutzung gefunden.
Als Zuwachs für die Thüringer Schlösserstiftung könnten jetzt genau die Objekte eingebracht werden, die als die großen Sorgenkinder des Landes gelten: Reinhardsbrunn, Schloss Friedrichswerth, Hummelshain, Lindenau-museum in Altenburg und so weiter. Natürlich kann man auch darüber nachdenken, ob man die Schlossanlagen in Greiz, Altenburg oder in Meiningen der Stiftung zuordnen sollte. Doch das wären Fragen, die hier im Lande zu klären sind und das ist mit Sicherheit leichter, als ein Staatsvertrag zwischen zwei Bundesländern mit sehr unterschiedlichen Interessen.
Dieses Papier zeigt uns, dass wieder einmal bei lebensnotwendigen Fragen für unser Land Thüringen viel zu kurz gegriffen und damit die kulturelle Identität unseres Landes aufs Spiel gesetzt wird. Für den Abschluss des Vertrages sind Fristen gesetzt, man hatte genug Zeit, um vernünftige Gespräche in alle Richtungen und zunächst ergebnisoffen zu führen. Jetzt rückt der „Endtermin“immer näher und der Druck und die Angst, die zugesagten Beihilfen des Bundes zu verlieren, wächst. Als Ergebnis wird nun dieser Vertrag präsentiert, eine Blamage für unser Land und eine (Fast-)bankrotterklärung unserer thüringer Kulturpolitik. Meine Enttäuschung über dieses mehr als schlechte Ergebnis kann ich nicht verhehlen und an den auch für Kultur zuständigen Minister Hoff richte ich den dringenden Appell, dieses Ergebnis zu überdenken - und wenn es nicht anders geht, auch neu zu verhandeln, sogar mit der Zielsetzung, einen Thüringer Weg zu finden und ihn dann konsequent zu gehen. Heinrich Schleiff, Erfurt, Hauptkonservator a.d., Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie
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