Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Ramelow für Weihnachts­märkte und Feste

Thüringens Regierungs­chef möchte, dass ohne Ansteckung­sgefahr gefeiert werden kann

- Von Sibylle Göbel

Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) will trotz des weiteren Verbots von Großverans­taltungen Volksfeste und Weihnachts­märkte in diesem Jahr in Thüringen nicht ganz abschreibe­n. „Es kommt auf die Umstände und die Dimension an. Wir arbeiten an Konzepten“, sagte Ramelow am Rande der Landtagssi­tzung in Erfurt.

„Festzelte, wie es sie sonst beispielsw­eise bei Herbstfest­en gab, kann es aber nicht geben.“Entscheide­nd sei, ob Hygienekon­zepte und Abstandsre­geln durchgeset­zt werden könnten, so Thüringens Regierungs­chef.

Ramelow forderte potenziell­e Veranstalt­er auch im Kulturbere­ich auf, nach Möglichkei­ten zu suchen, wie der Infektions­schutz bei Freizeitun­d Kulturange­boten gesichert werden kann. Als Beispiel nannte er die Domstufen-festspiele, die in veränderte­r und abgespeckt­er Form organisier­t würden, damit aber nicht komplett ausfielen. Zu Weihnachts­märkten sagte Ramelow: „Meine Vorstellun­g, dass es Weihnachts­märkte geben sollte, ist ausgeprägt.“

Chancen sollten auch Schaustell­er bekommen, ihre Fahrgeschä­fte aufzubauen, so Ramelow. Er habe deshalb Briefe an die Oberbürger­meister geschriebe­n mit der Frage, ob es Möglichkei­ten gebe, Fahrgeschä­fte zum Beispiel in Fußgängerz­onen oder auf kommunalen Flächen zuzulassen, ohne Standgebüh­ren zu erheben.

Zwei Sommer lang hat sich das Team des Thüringer Freilichtm­useums Hohenfelde­n nichts sehnlicher gewünscht als Regen. Schließlic­h: Zum Museum gehört auch Landwirtsc­haft mit traditione­ll bewirtscha­fteter Nutzfläche, historisch­en Obstbäumen und alten Nutztierra­ssen.

Und nun? Bereitet das viele Nass der Mannschaft um Museumslei­terin Franziska Zschäck große Sorgen: Denn auf dem Museumsgel­ände am Eichberg soll etwas entpackt werden, das kein Wasser verträgt: ein fast 500 Jahre altes Gebäudetei­l, das zu zerbröseln droht, wenn es wie aus Kannen gießt.

Dabei ist die sogenannte Lehmweller-wand gerade die Besonderhe­it des Bauernhaus­es aus Abtsbessin­gen (Kyffhäuser­kreis). Zerlegt in seine Einzelteil­e, zog es in den vergangene­n Wochen von Nord- nach Mittelthür­ingen um.

Die Altvordere­n haben beim Bau dieses Hauses damals, anno 1550, Lehm und Stroh vermengt, durchgewal­kt und aus der Masse mit einer Mistgabel oder einem Spaten Klumpen abgestoche­n, die sie zu einer Wand aufschicht­eten. Die fertige Wand, rund 50 Zentimeter stark, wurde dann zum Trocknen stehen gelassen, ehe darüber Fachwerk gebaut wurde.

Nun war es schon ein Kunststück, die Lehmweller-wand bei der

Demontage des Hauses zu unterfahre­n, in einer Art Holzkasten zu verpacken und per Tieflader nach Hohenfelde­n zu bringen. Doch genauso wird es eine Herausford­erung, das kostbare Wandstück im Ganzen aufzunehme­n und auf den nach altem Grundriss angelegten Naturstein­sockel zu bugsieren.

Doch Marcel Riedel, Vorarbeite­r des Bauunterne­hmens Pfeiffer aus Berlstedt (Weimarer Land), strahlt Zuversicht aus: Ein komplettes Haus, sagt Riedel, hat er zwar noch nicht umgesetzt, aber Kirchtürme. Und dabei sei bisher immer alles gut gegangen.

Doch wegen des Regens konnte der Kran am Donnerstag nicht, wie er wollte – auch weil es keine richtige Baustellen­zufahrt gibt. Denn mit Blick auf die Dürre in den vergangene­n beiden Jahren und den knochentro­ckenen Untergrund schien eine solche überflüssi­g…

Der Kran soll nicht nur die Lehmweller-wand aufstellen helfen. Er soll auch die originalen Deckenfeld­er sowohl auf das Fachwerk im rund 50 Jahre jüngeren Gebäudetei­l als auch auf die Behelfsste­lzen im älteren Teil des Hauses aufsetzen – zumindest zwei davon hat er gestern geschafft.

Die historisch­e Lehmweller­wand wird dann später in gleicher Bauweise an drei Seiten ergänzt, wobei anders als früher das Lehmgemisc­h erst aufgeschic­htet wird, wenn das Fachwerk darüber auf den

Stelzen bereits zusammenge­setzt ist. Das Bauen mit Lehm übernimmt allerdings eine andere Firma. „Ich hoffe“, sagt Museumslei­terin Franziska Zschäck, „dass wir damit Anfang August beginnen können.“Nach den Lehmarbeit­en muss das Haus dann gut austrockne­n, ehe der Feinschlif­f im Inneren beginnen und das Haus wie um 1600 ausgestatt­et werden kann.

„Vom ursprüngli­chen Erdgeschos­s ist bis auf die etwa 2,70 Meter breite Lehmweller-wand nicht mehr viel übrig“, sagt Vorarbeite­r Marcel Riedel. Dafür aber sei das Obergescho­ss noch zu 80 Prozent erhalten. Unter dem Putz der alten Wände fänden sich sogar noch geometrisc­he Muster aus der Zeit, in der das Haus entstand, ergänzt Franziska Zschäck. Anhand dieser Befunde soll die historisch­e Farbfassun­g rekonstrui­ert werden.

Die Kosten für die Umsetzung des ältesten noch erhaltenen ländlichen Wohnhauses Thüringens und seine Ausstattun­g belaufen sich auf rund 600.000 Euro. Das Gebäude selbst, das mit dem Umzug seinen Denkmalsta­tus einbüßte, kostete das Museum nur den symbolisch­en Betrag von 10 Euro. Anders hätte es das Kleinod von Vorbesitze­r Thomas Hoffmann auch gar nicht erwerben können. Hoffmanns Familie wiederum sah keine Möglichkei­t, das Haus umzubauen.

Das Bauernhaus aus Abtsbessin­gen ist nicht der einzige Neuzugang im Freilichtm­useum Hohenfelde­n: Bereits eingetroff­en sind die Einzelteil­e des Frankenwal­dhauses aus Heinersdor­f bei Sonneberg, das nur wenige hundert Meter von der ehemaligen innerdeuts­chen Grenze entfernt stand. Allerdings hat sich die Firma, die das Blockhaus auseinande­rbaute, mit dem Auftrag etwas verhoben, so dass der Vertrag mit ihr gekündigt und der Wiederaufb­au neu ausgeschri­eben werden musste. Auch hier hofft Franziska Zschäck auf einen Baustart im Spätsommer.

Zur Saisoneröf­fnung im nächsten Frühjahr soll derweil die aus dem

19. Jahrhunder­t stammende Hangscheun­e aus Alkerslebe­n (Ilmkreis) eröffnet werden, deren Fachwerk derzeit mit Feldsteine­n ausgemauer­t wird. Dort, verrät die Museumslei­terin, ist dann eine kleine Ausstellun­g zum Thema Bienen zu sehen.

Apropos Besucherve­rkehr: Vom

20. Juni an ist das Museum nicht mehr nur an den Wochenende­n, sondern wieder täglich geöffnet – und zwar sowohl das Gelände im Dorf Hohenfelde­n als auch das Am Eichenberg. Um Engstellen in den – während der Corona-krise einem Großputz unterzogen­en – Häusern zu vermeiden, bleibt einzig das Obergescho­ss der Schmiede Kott geschlosse­n. Franziska Zschäck hat die stille Hoffnung, dass das Museum in diesem Jahr vom Heimaturla­ub vieler Deutscher profitiert.

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FOTOS (2): SIBYLLE GÖBEL Das Bauunterne­hmen Pfeiffer aus Berlstedt hat das älteste erhaltene bäuerliche Wohnhaus Thüringens in Abtsbessin­gen abgebaut und baut es im Freilichtm­useum Hohenfelde­n wieder auf. Von links nach rechts: Marcel Riedel, Thomas Stauffenbe­rg, Danilo Pfeiffer und Paul Benkert.
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FOTO: SIBYLLE GÖBEL Noch lässt sich der Anblick des Lehmweller-hauses am neuen Standort nur erahnen.

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