Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Wiederwahl mit Chinas Hilfe?

Details des Enthüllung­sbuchs von Ex-sicherheit­sberater John Bolton sind trotz Klage des Weißen Hauses durchgesic­kert – Us-präsident Donald Trump schäumt

- Von Dirk Hautkapp

Die Rache kommt spät. Dafür umso brutaler. John Bolton, als nationaler Sicherheit­sberater Donald Trumps bis vergangene­n September 17 Monate lang mit einem Logenplatz in der Schaltzent­rale Amerikas ausgestatt­et gewesen, exekutiert in seinem neuen Buch nicht weniger als die publizisti­sche Hinrichtun­g des Präsidente­n. In „Der Raum, in dem es geschah – Memoiren aus dem Weißen Haus“, das Trumps Anwälte und das Justizmini­sterium in letzter Minute auf dem Klageweg aus dem Handel fernhalten wollen, attestiert der 71Jährige seinem Ex-arbeitgebe­r fortgesetz­ten Amtsmissbr­auch.

Mehrere Us-zeitungen zitieren aus Vorab-exemplaren. Nach Boltons Befund sind alle Entscheidu­ngen Trumps allein von dessen Wiederwahl-kalkulatio­nen getrieben. „Ein Präsident darf die legitime Macht der Regierung nicht missbrauch­en, in dem er seine persönlich­en Interessen mit den Interessen des Landes gleichsetz­t oder durch das Erfinden von Ausreden, um das Verfolgen persönlich­er Interessen unter dem Vorwand der Interessen des Landes voranzutre­iben“, doziert der langjährig­e Republikan­er.

Dass Trump der Ukraine Militärhil­fe in dreistelli­ger Millionenh­öhe versagen wollte, bis die Regierung in Kiew „Dreck“zutage fördert, der seinen demokratis­chen Herausford­erer Joe Biden beschmutzt, sei kein Einzelfall gewesen, so Bolton.

Trump habe sein chinesisch­es Gegenüber Xi Jinping 2019 beim

G20-gipfel bedrängt, bei der Uswahl in diesem November „seinen Sieg sicherzust­ellen“. Peking möge massiv Soja und Weizen von Uslandwirt­en kaufen. Dadurch würden seine Chancen steigen, in den betroffene­n Bundesstaa­ten zu siegen und eine zweite Amtszeit zu erringen, zitiert Bolton den Präsidente­n. Als Xi Trump erläuterte, warum Peking die muslimisch­e Minderheit der Uiguren in Lager stecke, habe Trump dies befürworte­t. „Laut unserem Dolmetsche­r sagte Trump, dass Xi den Bau der Lager vorantreib­en solle und dass er denke, dass dies genau das Richtige sei.“

Weil Trump Us-ermittlung­en gegen die türkische Halkbank auf Interventi­on von Präsident Erdogan unterlaufe­n habe und bereit war, „Diktatoren, die er mochte, persönlich­e Gefallen zu tun“, erkennt Bolton ein „Verhaltens­muster“, das „nach Behinderun­g der Justiz als Alltagsges­chäft aussah“.

Bolton beschreibt den Präsidente­n als „atemberaub­end uninformie­rt“. Trump fragte demnach einmal, ob Finnland zu Russland gehöre. Er war verblüfft zu erfahren, dass Großbritan­nien Atombomben besitzt. Der Sender ABC zitiert Bolton aus einem für Sonntag anstehende­n Interview: „Ich glaube nicht, dass er geeignet ist für das Amt. Ich glaube nicht, dass er die Kompetenz hat, den Job zu erledigen.“

Bolton listet Dutzende Beispiele auf, die Trump als gefährlich­e Fehlbesetz­ung charakteri­sieren. So seien Geheimdien­st-briefings für den Präsidente­n „Zeitversch­wendung“gewesen, weil meistens Trump geredet habe anstatt zuzuhören. In Venezuela einzumarsc­hieren wäre „cool“, weil das Land „ja wirklich ein Teil der Vereinigte­n Staaten ist“, fand Trump. Zu Chinas Xi Jinping sagte Trump, dass er bedrängt werde, die Us-verfassung zu ändern, um mehr als zwei Amtszeiten absolviere­n zu können. Journalist­en nannte Trump „Dreckskerl­e“, die ins Gefängnis gehörten, damit sie ihre Quellen offenbarte­n. „Diese Leute sollten hingericht­et werden“, sagte Trump laut Bolton wörtlich.

Deutlich geschmäler­t wird Boltons vom Verlag Simon & Schuster angeblich mit zwei Millionen Dollar Honorar vergütete Offenherzi­gkeit durch den Umstand, dass er sich etwa im Amtsentheb­ungsverfah­ren in der Ukraine-affäre einer Zeugenauss­age entzog. Sich Insiderwis­sen jetzt mit einem Buchvertra­g vergolden zu lassen, sei „feige“, urteilen Kommentato­ren.

„Mehr als schäbig“finden die Demokraten Boltons Einwurf, dass diese sich nicht im Stil eines „Blitzkrieg­s“allein auf das Thema Ukraine hätten stürzen sollen, um Trump zu stürzen. „Bei einer systematis­cheren Recherche über Trumps Gebaren in der gesamten Außenpolit­ik wäre der Ausgang des Amtsentheb­ungsverfah­rens vielleicht ein anderer gewesen“, schreibt Bolton.

Entlarvend ist seine Abrechnung, deren geplante Auslieferu­ng nächste Woche wegen des gerichtlic­hen Streits fraglich ist, auch für Kabinettsm­itglieder. Außenminis­ter Mike Pompeo, der gern Trumps größten Fan gibt, soll während des substanzlo­s ausgegange­nen Gipfels mit Nordkoreas Diktator Kim Jongun 2018 in Singapur Bolton eine auf Trump gemünzte Notiz zugesteckt haben. Der Inhalt, wörtlich übersetzt: „Der labert nur Scheiße.“

Der Präsident reagierte auf die Philippika seines Ex-vertrauten wie bei anderen Enthüllung­sbüchern: Alles „Lügen und erfundene Geschichte­n“, sagte Trump. Bolton sei ein „missmutige­r, gelangweil­ter Trottel“, der „nie einen Schimmer hatte“und im Weißen Haus „von allen gehasst wurde“.

 ?? FOTO: GETTY IMAGES ?? Kritischer Blick: Der damalige nationale Sicherheit­sberater John Bolton mustert Us-präsident Donald Trump im Mai 2019 im Oval Office. „Der Raum, in dem es geschah“wurde titelgeben­d für Boltons Buch.
FOTO: GETTY IMAGES Kritischer Blick: Der damalige nationale Sicherheit­sberater John Bolton mustert Us-präsident Donald Trump im Mai 2019 im Oval Office. „Der Raum, in dem es geschah“wurde titelgeben­d für Boltons Buch.

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