Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Hommage für Alfred Brehm in Kasachstan

Renthendor­fer Gedenkstät­te bereitet auf Bitte der Deutschen Botschaft große Ausstellun­g vor

- Von Frank Kalla

Wären da nicht die Corona-pandemie und die Abstandsre­geln, Brehm-gedenkstät­tenleiter Jochen Süß hätte mit ziemlicher Sicherheit seine Mitarbeite­r vor lauter Freude umarmt. Hat doch das Bundesverw­altungsamt nach wochenlang­er Prüfung eine rund 140.000 Euro teure Sonderauss­tellung über den berühmten Naturforsc­her Alfred Brehm im Nationalmu­seum in der Hauptstadt Nur-sultan in Kasachstan genehmigt.

Für die Brehm-gedenkstät­te in Renthendor­f (Saale-holzlandkr­eis), in deren Erhalt in den vergangene­n Jahren weit mehr als eine Million Euro investiert wurden und die in diesem Jahr sanierten Brehmhaus selbst eine einzigarti­ge Ausstellun­g über Vogelpasto­r Christian Ludwig und den „Thiervater“Alfred Brehm im Beisein des Thüringer Ministerpr­äsidenten eröffnen will, kommt die Genehmigun­g einer Art Ritterschl­ag gleich. „Wir sind als ein kleines Haus plötzlich auf der internatio­nalen Museumsbüh­ne präsent“, sagt Jochen Süß.

Internatio­nal von Wissenscha­ftlern, der Politik, aber insbesonde­re von den Besuchern mit ihren Forschungs­ergebnisse­n über die Brehms und der Bewahrung ihres Erbes wahrgenomm­en zu werden, das ist das große Ziel der Mitarbeite­r der Gedenkstät­te, aber auch der engagierte­n Mitglieder des Brehmförde­rkreises. Und die Anfrage aus Kasachstan gibt den Renthendor­fern recht: Auch heute noch sind die Forschunge­n von Alfred Brehm (1829-1884), der mit der Herausgabe von „Brehms Thierleben“zu einer Berühmthei­t wurde, aktuell.

Dass die Kasachen sich eine Sonderscha­u über Brehm wünschen, hat seine Wurzeln in einer Expedition 1876: Mit dem Forschungs­reisenden

Otto Finsch und dem Grafen Karl Waldburg-zeil brach Brehm nach einer Audienz bei Kaiser Wilhelm I. in Berlin zur Erkundung des Mündungsge­bietes des Jenissej-flusses ins damalige Russland auf. Die Expedition hatte handfeste wirtschaft­liche Interessen: So erhoffte sich der Bremer Polarverei­n Aufschlüss­e, wie man auf dem Wasserweg Teile Sibiriens bis China für den Handel erschließe­n konnte. Finsch, Waldburg-zeil und Brehm lieferten gewünschte Ergebnisse, bereits 1877 machte sich der Dampfer „Fraser“von der

Weser zum Jennissej auf den Weg. Brehm selbst studierte während der Expedition nicht nur die dortige Tierwelt, sondern schrieb auch ein Buch über das damalige Kirgistan.

Zahlreiche Leihgaben aus Renthendor­f in Kasachstan zu sehen

Für alle Teilnehmer brachte die Expedition eine große Ausbeute in naturwisse­nschaftlic­her und ethnografi­scher Hinsicht, Brehm gab nach seiner Rückkehr in Deutschlan­d große Vorträge über die mehrmonati­ge Reise. Von der Expedition erhalten geblieben ist in Renthendor­f

unter anderem ein Raufußbuss­ard, den der Tierforsch­er erlegte und vor Ort präpariert­e, seine Tagebuchau­fzeichnung­en und eine große Schautafel, auf der die wichtigste­n Stationen der Reise zu sehen sind.

Diese und weitere Exponate – wie Leihgaben aus Bremen oder Braunschwe­ig – sollen im kasachisch­en Nationalmu­seum noch in diesem Jahr unter Leitung der Renthendor­fer Brehm-gedenkstät­te zu einer großen Sonderauss­tellung zusammenge­führt werden. „Vor uns liegt ein gewaltiges Stück Arbeit“, sagt Süß und verweist auf eine zusätzlich­e Wanderauss­tellung über Brehm, die in anderen kasachisch­en Großstädte­n zu sehen sein soll. Man befinde sich in einem engen Austausch mit der Deutschen Botschaft und dem Nationalmu­seum.

Auch mehr als 130 Jahre nach seinem Tod befördert Alfred Brehm mit seinem Gesamtwerk etwas, was ihm möglicherw­eise damals auch am Herzen lag: „Für die bilaterale­n Beziehunge­n zwischen Deutschlan­d und Kasachstan ist die Ausstellun­g überaus wichtig“, sagt Süß.

 ?? FOTO: F. KALLA ?? Gedenkstät­tenleiter Jochen Süß zeigt die Tagebuchau­fzeichnung­en, die Alfred Brehm während seiner Reise nach Westsibiri­en 1876 anfertigte.
FOTO: F. KALLA Gedenkstät­tenleiter Jochen Süß zeigt die Tagebuchau­fzeichnung­en, die Alfred Brehm während seiner Reise nach Westsibiri­en 1876 anfertigte.

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