Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Awo plant bundesweites Transparenzregister
Reaktion auf Skandale in Thüringen und Hessen: Manager sollen ihre Gehälter offenlegen
Die Arbeiterwohlfahrt (Awo) will die Gehälter ihrer Manager künftig bundesweit offenlegen. Das kündigte Präsident Wilhelm Schmidt am Rande eines Besuches in Erfurt im Gespräch mit dieser Zeitung an. „Der Awo-bundesverband erarbeitet das gerade“, sagte
Schmidt. Bis zur Bundeskonferenz im Juni 2021 sollen die Neuerungen auf den Weg gebracht werden.
Schmidt sieht darin eine Ergänzung zum bestehenden Governance-kodex, der die Vergütung von Awo-managern regelt – aber zum Beispiel in Erfurt bei der AJS jahrelang ignoriert wurde. Damit reagiert der Bundesverband auf einen Skandal
um die Tochterfirma AJS des Landesverbandes Thüringen und des Kreisverbandes Erfurt.
Dort erhielten die beiden Geschäftsführer über Jahre ein Gehalt zwischen 250.000 Euro und 300.000 Euro, das weit über den Bezügen liegt, die der Awo-governance-kodex für angemessen hält. Die Gesellschafterversammlung hat das jahrelang geduldet, der Aufsichtsrat war ohne entsprechende Handlungsvollmacht ausgestattet, das Treiben zu beenden.
Nach einer Bundesverbandsprüfung 2017 gab es ebenfalls keine Reaktionen. „Wir sind von den Landesund Ajs-gremien wahrscheinlich hinters Licht geführt worden“, sagte Schmidt.
Die Mailadresse zeigt deutlich, um was es geht: „awo-neuanfang@gut-soziale-arbeit.de“steht im Absender. Absender ist eine kleine Gruppe von Mitgliedern der Arbeiterwohlfahrt in der Landeshauptstadt. Sie reagiert damit auf die Negativ-schlagzeilen der vergangenen Monate um Gehälter für die mittlerweile ehemaligen Ajs-geschäftsführer – mittendrin steckt der Awokreisverband Erfurt als Minderheitsgesellschafter.
„Wir hoffen, dass die Vorstände die Notwendigkeit sehen, sich zurückzuziehen, und damit weiteren Schaden von der Awo in Erfurt und in Thüringen abwenden“, sagt Denny Möller, der gerade als Abgeordneter in den Thüringer Landtag für die SPD nachgerückt ist. Er hat sich an die Spitze der Initiative gestellt, die den Neustart will. Aufklärung und Aufarbeitung sind die Stichworte, Transparenz. Die Sicherung der Awo-einrichtungen und der damit verbundenen Arbeitsplätze liegt den Unterzeichnern ebenfalls am Herzen. „Nur gemeinsam schaffen wir es, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen“, sagt Jana Rötsch, die zu den Erstunterzeichnern eines Offenen Briefes an den aktuellen Kreisvorstand gehört.
Der soll im Herbst neu gewählt werden. Allerdings stellen Elvira Diebold und Alexander Minar als aktuelle Kreisvorsitzende ihre Ämter bereits nächste Woche zur Verfügung.
Diebold bestätigte das. Sie würden ihre Ämter sofort zur Verfügung stellen, wenn die Nachfolge geregelt werden kann. „Wir wollen nicht im Weg stehen“, sagt sie. Darüber habe es in den vergangenen Wochen
zahlreiche Gespräche gegeben – mit denen, die jetzt einen Neuanfang wollen.
Im Kreisausschuss steht nächste Wochen ohnehin die Nachwahl für die bereits ausgeschiedene Lieselotte Keil an. Die musste als Kreisgeschäftsführerin ihren Hut nehmen, weil sie an einem umstrittenen Hygienespaziergang gemeinsam mit Personen aus der rechten Szene teilgenommen hatte.