Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Flötengläser geben Rätsel auf
Möglicherweise birgt das Sondershäuser Schlossmuseum den größten Bestand an Gefäßen für Trinkkultur aus England
Die vielleicht größte Sammlung historischer Flötengläser wird im Sondershäuser Schlossmuseum verwahrt. Wissenschaftler aus mehreren Ländern rätseln über die Geschichte der etwa 20 eigentümlichen Trinkgefäße, die aus dem Nachlass der Fürsten von Schwarzburg-sondershausen stammen.
Bisher stehe ihre Herkunft noch nicht eindeutig fest, erklärt Carolin Schäfer, die Leiterin vom Schlossmuseum. Auch über die Verwendung der zierlichen aber fast einen Meter langen Trinkröhren mit Fuß bei höfischen Veranstaltungen gebe es nur Mutmaßungen. Immerhin zeigt das Foto von einer Festgesellschaft,
dass im fürstlichen Schloss in Schwarzburg Ende des 19. Jahrhunderts entstand, das die unhandlichen Gläser tatsächlich bei Tisch benutzt wurden. Wirklich Aufschluss darüber, woher die Gläser stammen, die im Depot vom Sondershäuser Schlossmuseum seit gut 130 Jahren aufbewahrt werden, gebe es bislang nicht, bedauert die Museumschefin.
„Schon vor etwa fünf Jahren sind die Museumsstücke einmal im Rahmen einer internationalen Fachtagung vorgestellt worden“, erzählt sie. Aber auch in dieser Runde herrschte offenbar Ratlosigkeit über Herkunft und Zweck der Trinkgefäße auf Schloss Sondershausen.
Immerhin werde vermutet, wie Carolin Schäfer weiter erläutert, dass die Flötengläser in Anlehnung an die englische Tradition, Bier, ein sogenanntes Yard of Ale, aus langen trichterförmigen Gefäßen zu trinken, am Sondershäuser Fürstenhof kurzzeitig Einzug in die Tischkultur genommen hatten.
Das sei in höfischen Kreisen Ende des 19. Jahrhunderts wohl eine Modeerscheinung gewesen, so die Museumsleiterin. In England sei diese Trinkkultur durch ähnliche Gläser aus der gleichen Zeit belegt, die in einer Sammlung im Knole House in der Nähe von Kent aufbewahrt sind. Allerdings seien dort nur noch zwei der ursprünglichen Gefäße erhalten. Im Depot von
Schloss Sondershausen gibt es zehnmal mehr der historischen Flötengläser. Wenn sich ein Zusammenhang wissenschaftlich belegen lasse, hätte das Schlossmuseum den größten bekannten Bestand an Zeugnissen einer aus England stammenden Trinktradition. Weit hergeholt sei die Verbindung nicht, erklärt Carolin Schäfer. Es sei bekannt, dass die Fürstenfamilie von Schwarzburg-sondershausen enge Verbindungen zu englischen Adelshäusern pflegt.
Neue Erkenntnisse könnte nun ein aktuelles Forschungsprojekt bringen. Experten für Glasherstellung untersuchen derzeit auch die Flötengläser, wie von der Museumschefin zu erfahren war.