Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Unser individueller Marathon
In den letzten Jahren hat das Lauffieber immer mehr Menschen erfasst. Das Ziel von vielen Läufern: einmal einen Marathon schaffen – 42 Kilometer. Da gilt es, sich gut vorzubereiten, mit Training, mit Verpflegung und Motivation, sonst werden einem schnell die Beine schwer und das Ziel gerät in allzu weite Ferne.
Manchmal habe ich den Eindruck, dass der Lockdown aufgrund des Coronavirus im März für uns alle so ein Start eines Marathons war, aber ohne dass wir dafür ausreichend trainieren konnten und ohne dass wir ein Ziel vor Augen haben. Unvorbereitet und ohne die richtige Ausrüstung mussten wir alle miteinander loslaufen. Und in diesem Rennen gibt es welche, die schneller sind und gut vorankommen, aber auch Menschen, die fast auf der Stelle treten, weil ihnen das Laufen im normalen Leben schon schwerfällt.
Aber auch auf unseren individuellen Lebenswegen begegnen uns Widrigkeiten, treffen uns zuweilen Enttäuschungen und Rückschläge, wogegen schwere Beine und Muskelkrämpfe als eine lächerliche Nebensächlichkeiten anmuten mögen. Wenn Sorgen meine Lebensfreude erdrücken, beschleichen mich ähnliche Gedanken: Es ist genug! Wozu soll das gut sein? Derartige Lebensgeschichten finden wir vielfach in der Bibel. Eine davon ist die Erzählung von Elia, ein Prophet, der für das Wort Gottes einstand und sich dadurch mit den Regierenden angelegt hatte.
Er kommt auf seinem Weg an einen Punkt, an dem er nicht mehr weitergehen möchte. „Es ist genug, so nimm nun, Herr, meine Seele“, sagt er, geht hinaus in die Wüste und legt sich nieder, um zu sterben. Er hat es satt und kann nicht mehr.
Vielleicht kennt der eine oder andere von uns auch so ein Gefühl der Resignation.
Aber was geschieht dann? Gott schickt einen Engel und: „Der Engel des Herrn rührte Elia an und sprach: Steh auf und iss! Denn du hast einen weiten Weg vor dir“Was kann uns das nun sagen? Zum einen: Auch als Christen bleiben wir von Krisen nicht verschont, ob nun durch die Auswirkungen der Corona-krise oder auf unseren individuellen Lebenswegen, die mitunter beschwerlich und voll Leid gepflastert sind.
Zum anderen: Wir können darauf vertrauen, dass Gott uns sieht und uns mit dem versorgt, was wir zum Weitergehen brauchen. So dürfen wir neue Hoffnung schöpfen – Schritt für Schritt, genau wie Elia. Gott befreit ihn nicht von seinem Auftrag. Der Weg, der vor Elia liegt, bleibt ein weiter Weg. Aber Gott belässt es nicht bei Floskeln.
Er begegnet uns heute, so wie Elia damals, durch seine Engel, so individuell sie für uns auch heute sein mögen, und sorgt für uns.
Also bleiben wir dafür empfänglich, wenn uns jemand anspricht, motivieren will, Mut macht und uns eine Stärkung mit auf den Weg gibt – es könnte ein Engel des Herrn sein.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine behütete Woche und vielleicht die ersten Schritte zu einer persönlichen Wegstrecke. Es muss ja nicht gleich ein Marathon sein.