Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Zweifel an Corona-immunität
Patienten mit mildem Verlauf haben schnell wenige Antikörper
In der Corona-pandemie hoffen viele Menschen auf Immunität – nach überstandener Infektion oder durch eine bald verfügbare Impfung. Beides könnte das Immunsystem gegen den Erreger wappnen. Nun aber deutet eine wachsende Zahl von Studien darauf hin, dass gerade bei Menschen, die nur wenige oder keine Symptome hatten, bald nach einer Infektion keine Antikörper nachweisbar sind. Was das für eine mögliche Immunität bedeutet, ist bisher unklar.
Forscher des Universitätsspitals Zürich fanden bei Menschen mit milden oder asymptomatischen Verläufen zwar Antikörper in Tränenflüssigkeit und Nasenschleimhaut, aber keine im Blut. Dies aber wäre wichtig für die Bildung des Immungedächtnisses – damit das Immunsystem bei erneutem Kontakt mit dem Erreger stärker und schneller reagiert. Die Studie ist bislang nur als Preprint verfügbar, sie ist also nicht von Experten begutachtet und nicht in einem Fachjournal publiziert.
Eine weitere als Preprint veröffentlichte Studie des Lübecker Gesundheitsamts fand bei 30 Prozent von 110 Corona-infizierten mit höchstens mäßigen Covid-19-symptomen keine Antikörper. Auch im Fachblatt „Nature Medicine“berichten Forscher aus China, dass bei Infizierten ohne Symptome die Antikörper-konzentration bereits nach kurzer Zeit deutlich sank. Und: Nach drei Monaten waren bei 40 Prozent der asymptomatischen Patienten keine Antikörper mehr nachweisbar.
Die Beobachtungen wecken nicht nur Zweifel an der Aussagekraft von Antikörpertests, sie stellen auch die diskutierten Immunitätspässe infrage. „Wir wissen generell noch nicht genau, wie Antikörper vor einer neuen Infektion schützen“, stellt Immunologe Thomas Jacobs vom Hamburger Bernhardnocht-institut für Tropenmedizin fest. Zwar gebe es einige Studien, die einen solchen Schutz nahelegten, „aber wie hoch beispielsweise der Antikörper-spiegel dafür sein muss, bleibt unklar“, so Jacobs. Ungewiss sei zudem, welcher Teil und welcher Mechanismus der Immunabwehr besonders wichtig für den Schutz sei. Weil dies auch entscheidend sein könne für die Entwicklung eines Impfstoffes, müsse hier weitergeforscht werden.