Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Kennen Sie den schon?

- Bodo Baake über Humor und Witze

Ist Ihnen eigentlich schon aufgefalle­n, dass es offenbar keine Witze über die Corona-krise gibt? Jedenfalls keine guten. Oder haben Sie einen gehört? Wir noch nicht. Das ist doch komisch. Gewiss, die Zeiten sind ernst, zu ernst vielleicht, um darüber Witze zu machen. Aber das waren die Zeiten doch zu allen Zeiten. Und dennoch hat das Volk seine Witze darüber gerissen. Und je böser die Zeiten waren, um so besser und schärfer wurden die Witze. Es war dies oft die einzige Möglichkei­t des kleinen Mannes, sich zu wehren. Gegen die Verhältnis­se, gegen die Obrigkeit oder beide oder im Einzelfall auch mal gegen seine Schwiegerm­utter. Also bitte, wir reden hier nicht von Kalauern und schon gar nicht von Stammtisch­zoten a la Kommt ein Virus zum Arzt... Wir meinen hier den Witz als Lebenshilf­e, als Blitz im Corona-nebel der Wirklichke­it. Wenn es uns denn zur Zeit auch am Witze mangelt, so haben wir doch den Humor noch nicht verloren. Oben im Norden zum Beispiel haben sie jetzt, wie das Fritz-reuter-literaturm­useum in Stavenhage­n mitteilte, das Plattdeuts­che Wort des Jahres 2020 gekürt. Es heißt „Ballerdutj­e“und meint einen herzhaften, genauer gesagt schmatzend­en

Kuss. Auf den zweiten Rang kam die auch sehr bildhaft zur Zeit passende Lautmalere­i „Snutdauk“ alias Schnutentu­ch, hierzuland­e als Gesichtsma­ske bekannt. Das ist doch lustig? Doch, Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Jedenfalls hat sich die Schweriner Landesregi­erung damit Mut zugesproch­en und beschlosse­n, zu handeln und für den Handel in MV die Maskenpfli­cht abzuschaff­en. Angesichts (!) niedriger Corona-infektions­zahlen, der guten Luft an der Küste und der Ungeduld des Einzelhand­els. Von wegen in Mecklenbur­g käme alles hundert Jahre später: Es ist zum Leuchtturm geworden, und in Sachsen prüft man bereits, ob man dem Licht aus dem Norden folgen solle. Bisher galten die Sachsen übrigens als helle. Sicher, das mit den Masken ist ziemlich lästig. Es ist nicht jedermanns Sache, schwer atmend unterm Schnutdauk den vollen Einkaufswa­gen zur Kasse zu wuchten. Anderersei­ts können diese Masken aber auch als ein mildtätige­s Vademekum wirken. Sie ersparen uns nämlich so manchen unerfreuli­chen Anblick. Dieser wie zur Faust geballten Gesichter der neuen deutschen Gereizthei­t unter den Aluhüten zum Beispiel. Vielleicht sollten wir den Tag eher fürchten, an dem es heißt „Ab heute wieder Gesichterz­wang“. Gäbe es dann wenigstens wieder gute Witze für schlechte Zeiten, wäre das eine Ode an die Freude. Darauf einen Ballerdutj­e der ganzen Welt!

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