Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Sprache und Bilder

- Elena Rauch zu Rassismus und Kolonialer­be

Manch einer mag die Kritik am Wort „Mohrenfest“überspannt finden. Die Debatte um die Umbenennun­g einer Straße, die den Namen eines Akteurs im kolonialen Sklavenhan­del trägt, wie sie derzeit in Erfurt stattfinde­t, als unnötig. Die Frage, ob eine „Mohrenapot­heke“zeitgemäß ist, als Spitzfindi­gkeit. Haben wir nicht andere, echte Probleme mit rassistisc­hem Denken, mit Stereotype­n und mit Diskrimini­erung? Und überhaupt: Das sind alte Geschichte­n, antiquiert­e Begriffe, die alles andere als rassistisc­h gemeint sind. Zum „Mohrenfest“sei im Übrigen angemerkt, dass es nicht jahrhunder­tealt ist, die Stadt erfand es vor zwei Jahren. Und niemand wird dabei rassistisc­he Motive unterstell­en.

Nur Gedankenlo­sigkeit. Damit fängt es an. Eine rassistisc­h grundierte Begrifflic­hkeit ist nicht weniger diskrimini­erend, nur weil seit ihrer Entstehung Jahrhunder­te vergangen sind: Wenn Schwarze Menschen das so sehen, wenn sie sich davon verletzt fühlen, dann ist es, was es ist: Rassismus. Darüber befinden können wirklich nur diejenigen, die ihn erfahren. Das gilt für jede Form von Ausgrenzun­g und Ungleichbe­handlung. Es ist noch gar nicht so sehr lange her, da wurde die gendrifizi­erte Sprache belächelt. Inzwischen wundert sich niemand mehr, wenn von Lehrerinne­n und Lehrern, Ärztinnen und Ärzten die Rede ist. Die Sensibilis­ierung der Sprache geht einher mit einer Sensibilis­ierung des Problems. Ein Wissenscha­ftler sprach unlängst von einer jahrhunder­telangen kulturelle­n Prägung von rassistisc­hen Menschenbi­ldern aus der Kolonialze­it. Die unterbewus­st weiterwirk­en, weil sie nie ehrlich reflektier­t, hinterfrag­t aufgearbei­tet wurden. Man kann über Straßenumb­enennungen oder Apothekenn­amen geteilter Meinung sein. Doch darüber reden müssen wir, mit einer ehrlichen Selbstbefr­agung, die zuweilen unbequeme Wahrheiten zu Tage fördern kann.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany