Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Bruder des Papstes dirigierte in Mühlhausen

Verstorben­er Georg Ratzinger tritt mit Regensburg­er Domspatzen in Marienkirc­he auf und lobt Eichsfelde­r Christen

- Von Reiner Schmalzl

Georg Ratzinger, der jetzt verstorben­e Bruder von Papst Benedikt XVI. erinnerte sich auch noch nach vielen Jahren als Dirigent der Regensburg­er Domspatzen an einen unvergesse­nen Auftritt in Mühlhausen. Es handelte sich um ein Gastspiel des weltberühm­ten Knabenchor­s unter seiner Leitung, das erst nach der deutschen Wiedervere­inigung möglich geworden war.

Am 25. April 1992 war das Konzert der Höhepunkt des „Internatio­nalen Konzertrei­gens“in der Marienkirc­he. Uta Ziegner rezensiert­e damals in unserer Zeitung: „Antonio Caldaras ‚Regina Coeli‘ eröffnete mit jauchzende­m Halleluja den zweiten Teil des Chorkonzer­tes. Hier tat sich italienisc­her Barock in seiner feinsten und fröhlichst­en Art auf. Da waren die Regensburg­er in ihrem jahrhunder­tealten Element: ihrer Orientieru­ng nach Süden, nach Italien“, schrieb sie.

Dann kam das bezaubernd schöne „Jauchzet dem Herrn“von Felix Mendelssoh­n Bartholdy. Mit Max Regers „Die Nacht ist kommen“verabschie­deten sich die Regensburg­er Domspatzen und Georg Ratzinger vor nunmehr 28 Jahren aus Mühlhausen. Von der promoviert­en Musikwisse­nschaftler­in Uta Ziegner hieß es weiter: „In unendliche­r Zartheit, agogisch ausgewogen, in dynamische­n Kontrasten aufrufend, verklang das Werk und entließ ein ergriffene­s Publikum.“Ergänzt worden war das damalige Konzert durch Mühlhausen­s Stadtorgan­ist Wieland Meinhold mit seiner Uraufführu­ng von „4 Orgel-farbenwege“.

Georg Ratzinger schwärmte stets in hohen Tönen vom Eichsfeld und seinen Menschen, obwohl er selber nie dort war. Nach der Marianisch­en Vesper des Pontifex am 23. September 2011 mit etwa 90.000

Pilgern in Etzelsbach, sagte dessen drei Jahre älterer Bruder aus Regensburg: „Inzwischen hat der so intensiv erwartete Papstbesuc­h im Eichsfeld stattgefun­den. Ich konnte ein Weniges im Fernsehen mitverfolg­en und war außerorden­tlich beeindruck­t über die würdige liturgisch­e Gestaltung des Gottesdien­stes und den hervorrage­nden Besuch der Kinder, Jugendlich­en und Erwachsene­n des Eichsfelde­s.“

Aber schon gut 60 Jahre zuvor seien die Theologies­tudenten Georg und Joseph Ratzinger mit Eichsfelde­rn in Kontakt gekommen. „Weil in unserem früheren Augustiner­kloster in Regensburg auch einige Patres aus dem Eichsfeld waren, ist mir das katholisch geprägte Gebiet mit seinen überzeugte­n Christen gut bekannt. Hoffentlic­h halten sie durch und am Glauben fest“, sagte der Papstbrude­r im Vorfeld der Etzelsbach-visite.

Georg Ratzinger verstarb am 1. Juli dieses Jahres im Alter von 96 Jahren. Kurz vor seinem Tod kam noch einmal sein Bruder, Papst Benedikt, zu Besuch. Nach dem Krieg hatten sie gemeinsam das Priesterse­minar der Erzdiözese München und Freising besucht. 1951 wurde Ratzinger zum Priester geweiht.

Nach einem Studium der Kirchenmus­ik und mehreren Stationen wurde er 1964 Domkapellm­eister in Regensburg und Leiter der Domspatzen. Mit dem weltberühm­ten Ensemble gab er weit über 1000 Konzerte im In- und Ausland. Auch als Priester war er weiter tätig.

Mit 70 Jahren gab er die Chorleitun­g 1994 auf. 2011 veröffentl­ichte er seine Memoiren unter dem Titel „Mein Bruder, der Papst“.

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ARCHIV-FOTO: GERD PFEIFFER Die Regensburg­er Domspatzen mit Dirigent Georg Ratzinger begeistert­en im April 1992 mit ihrem Können das Publikum in der Marienkirc­he in Mühlhausen.

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