Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Spekulanten treiben Goldpreis in die Höhe
Die Krisenwährung ist in der Corona-pandemie gefragt wie nie. Preis erreicht neues Allzeithoch
Die Corona-krise hat die Wirtschaft weltweit einbrechen lassen – und wie üblich in einer globalen Notlage setzen die Anleger auch in dieser Zeit auf Gold. Die hohe Nachfrage hat den Preis für das Edelmetall zum Wochenstart auf ein neues Allzeithoch von 1944,71 Dollar (1658,23 Euro) für eine Feinunze (31,1 Gramm) getrieben. Antworten auf die wichtigsten Fragen:
Warum ist Gold derzeit so begehrt?
Gold gilt weltweit als die Krisenwährung schlechthin – immer, wenn es mit der Weltwirtschaft bergab geht, flüchten Anleger mit ihrem Geld in das Edelmetall. Das war zuletzt in der 2008/2009 ausgelösten weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise so. In deren Folge erreichte der Goldpreis im Jahr 2011, zum Höhepunkt der Eurokrise, seinen bisherigen Höchststand von 1921 Dollar. Nun ist die Industrieproduktion im Zuge der Coronakrise weltweit eingebrochen und der Welthandel zwischenzeitlich fast zum Erliegen gekommen – und Gold ist so begehrt wie nie.
Seit Jahresbeginn ist der Goldpreis um 27 Prozent gestiegen – und zuletzt allein um 100 Dollar innerhalb einer Woche, wie Chris-oliver Schickentanz, Chefanlagestratege der Commerzbank, beobachtet hat. Der Grund: „Der schwache Usdollar sorgte dafür, dass bisher eher zurückhaltende Marktteilnehmer wie kurzfristige Spekulanten und asiatische Investoren auf den steigenden Trend der Edelmetallpreise reagieren“, sagte Schickentanz unserer Redaktion.
Wird der Goldpreis weiter steigen?
Commerzbank-experte Schickentanz sieht in der aktuellen Entwicklung des Goldpreises „sicherlich eine kurzfristige Übertreibung“. Doch der Höhepunkt ist ihm zufolge keinesfalls erreicht – der Chefanlagestratege des zweitgrößten Geldhauses in Deutschland sieht das weitere Kaufpotenzial der Spekulanten und Anleger aus Asien als „noch sehr hoch“an.
Warum das so ist? Andere Anlageformen werfen in der Corona-krise immer weniger Ertrag ab, dies sichere den aktuellen Trend beim Goldpreis ab. „Deswegen ist das Korrekturpotenzial für die Edelmetallpreise insgesamt wohl überden schaubar“, lautet das Fazit von Schickentanz. Soll heißen: Fallen dürfte der Goldpreis vorerst wohl nicht.
Nach Einschätzung der Rohstoffexpertin Gabriele Widmann von der Dekabank, dem Wertpapierhaus der Sparkassen-finanzgruppe, könnte es nach der aktuellen Rekordjagd aber durchaus zu einer Korrektur beim Goldpreis kommen. Mittelfristig sei der Goldpreis durch eine für sehr lange Zeit anhaltende Phase extrem niedriger Zinsen allerdings auch „gut unterstützt“. Ein deutlicher Einbruch sei daher vorerst wohl eher nicht zu erwarten.
Lohnt sich jetzt der Kauf von Gold?
Trotz des aktuell besonders hohen Preises hält die Commerzbank an ihrem Goldinvestment fest, sagte Schickentanz. Wer in Rohstoffe investiere, dem empfehle er grundsätzlich, Gold und andere Edelmetalle überzugewichten – also den Anteil aufzustocken.
Warum ist Gold überhaupt so wertvoll?
Gold ist seit Jahrtausenden begehrt – das Edelmetall ist selten und nicht beliebig vermehrbar, aber relativ einfach zu gewinnen und zu verarbeiten sowie rostfrei. Diese Eigenschaften machen es nicht nur begehrt für Schmuck und Verzierungen, sondern auch zu einem guten Tauschmedium im Handel zwischen den Völkern. Schon vor 3000 Jahren schürften die Ägypter Gold. Ab etwa 700 vor Christus wurden die ersten Münzen aus Gold und Silber gegossen. Bis ins 20. Jahrhundert horteten viele Zentralbanken Gegenwert der ausgegebenen Banknoten und Münzen in Gold – spätestens in den 1970er-jahren wurde die sogenannte Goldbindung jedoch aufgehoben.
Sein Ansehen als sichere Anlageform hat Gold aber nie eingebüßt: Notenbanken haben in der Coronakrise wieder ihre virtuellen Notenpressen angeworfen, indem sie Anleihen von Staaten und Unternehmen im Milliardenwert kaufen. Damit pumpen sie Geld in unvorstellbaren Summen in die Märkte.
Dagegen ist die Produktion von Gold in den vergangenen Jahrzehnten relativ stabil geblieben. Von 2018 auf 2019 stieg die Produktion gerade mal um ein Prozent, Recycling mit eingerechnet um drei Prozent. Und in der Corona-krise ist die Förderung sogar um drei Prozent auf das niedrigste Volumen seit 2015 eingebrochen. Anleger wollen sich mit einem Gold-investment auch einer schleichenden Geldentwertung durch Inflation entziehen.
Welche Risiken gibt es bei Gold?
Auch Gold hat gravierende Nachteile: Die sichere Aufbewahrung von Barren ist teuer, bringt keine Zinsen und keine Dividende. Der Kurs schwankt erheblich, bei Kauf und Verkauf fallen teils hohe Gebühren an. Investorenlegende Warren Buffett hält zum Beispiel gar nichts davon, sein Vermögen in Gold anzulegen. Das Metall „wird in Afrika oder sonstwo ausgebuddelt, dann schmelzen wir es ein, graben ein anderes Loch, vergraben es noch mal und bezahlen Leute dafür, dass sie rumstehen und es bewachen“, sagte Buffett – im Jahr 1998.