Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Briefe kündigen sich per E-mail an
Verbraucher können sich ab sofort bei Postsendungen vorab benachrichtigen lassen. Wie geht das?
Vorher Bescheid bekommen, wo sich ein bestelltes Paket gerade befindet und in welchem Zeitfenster es geliefert wird: Diesen praktischen Service kennen schon jetzt viele Verbraucher, die gern online einkaufen. Bei Briefen hingegen musste man bislang warten, bis die Sendung im Briefkasten gelandet ist. Das ändert sich ab sofort – zumindest für Kunden, die bei einer der 1&1-Töchter GMX und web.de ein E-mail-postfach besitzen.
Mit der neuen Funktion Briefankündigung, die sich im Mailkonto kostenlos aktivieren lässt, können sich Besitzer der E-mail-postfächer auf Wunsch schon frühmorgens benachrichtigen lassen, wenn ihnen im Laufe des Tages eine Briefsendung zugestellt werden soll. Das Besondere: Der Empfänger erhält im Anhang der Benachrichtigungsmail ein Foto des Briefumschlags mitgeschickt. So lässt sich erkennen, wer der Absender ist und um welche Art des Schreibens es sich handeln könnte.
Der Service, der seit Montag freigeschaltet ist, soll den Auftakt einer groß angelegten Kooperation zwischen der Deutschen Post und den E-mail-anbietern GMX und web.de bilden, die nach eigenen Angaben rund 34 Millionen registrierte Kunden verzeichnen. Theoretisch steht die Briefankündigung demnach jedem zweiten Internetnutzer bundesweit zur Verfügung.
Vorabbenachrichtigung als Mehrwert für Verreiste
Einen Mehrwert soll die Vorabbenachrichtigung beispielsweise für Nutzerinnen und Nutzer darstellen, die längere Zeit verreist sind, aber zu Hause wichtige Briefsendungen erwarten. „Zudem erhalten sie damit mehr Transparenz über die Zustellqualität der Deutschen Post“, sagt Tobias Meyer, Konzernvorstand Post und Paket.
„Mit der Briefankündigung führen wir E-mail- und Briefverkehr in einem Postfach zusammen, was vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung der Kommunikation ein wegweisender Schritt ist“, sagt Jan Oetjen, Geschäftsführer der E-mail-anbieter GMX und web.de. Denn bald soll auch der Inhalt von Briefen in den Vorabmails abgebildet werden können (siehe Kasten). „Künftig wird der Nutzer die Möglichkeit haben, alle relevanten Informationen von Unternehmen und auch Behörden übersichtlich an einem Ort zu organisieren und zu archivieren.“Kunden, die den neuen Service nutzen möchten, können diesen direkt in den Einstellungen des eigenen E-mail-kontos aktivieren. Dafür genügt ein kostenloses Nutzerkonto. Aus Datenschutzgründen müssen sie zunächst in zwei Schritten ihre Einwilligung hinterlassen. Als Erstes geben sie im Menüpunkt „Briefankündigung“ihre Postadresse an. Um zu prüfen, ob die Adresse dem Mailkonto-inhaber gehört, sendet die Post anschließend einen Brief. Dieser enthält einen Bestätigungsqr-code, den der Empfänger mit dem Smartphone scannen kann. Ersatzweise kann er auch einen zwölfstelligen Code aus dem Brief im E-mail-postfach eingeben. Mit diesem Schritt bestätigt der Nutzer seine Adresse und ist für die Briefankündigung registriert, die sich jederzeit wieder deaktivieren lässt. Zwar zeigt das vorab per Mail übermittelte Foto nur die Außenansicht des Briefumschlags, dennoch stellen das Versenden des Fotos und das
Zusammenführen eines Mailkontos mit einer echten Postadresse hohe Anforderungen an den Datenschutz. Deutsche Post und Mailanbieter versprechen, dass die Fotos der Briefumschläge „automatisiert unter Einhaltung der deutschen Datenschutz- und Sicherheitsstandards“in den Sortierzentren der Deutschen Post entstehen. Kein Brief soll dadurch verzögert an der Hausanschrift des Empfängers ankommen, heißt es.
Übrigens: Fotos der Briefumschläge schießt die Deutsche Post schon seit Langem, um den maschinellen Sortierprozess zu beschleunigen, wie die Post unserer Redaktion bestätigt. Neu ist nur die Weiterleitung per E-mail. Wie bisher werden die Fotos nach spätestens fünf Tagen aus den Systemen gelöscht. Sämtliche Daten, die zwischen Post und den Mailanbietern ausgetauscht werden, sind demnach mit einer Transportverschlüsselung geschützt. Die Daten blieben in abgesicherten It-systemen und deutschen Rechenzentren.
Dass die Brieffotos wirklich von der Deutschen Post und dem eigenen Mailanbieter – und nicht von Betrügern – kommen, sollen Nutzer anhand eines eindeutigen Siegels erkennen können. Vorerst umfasst die Mailankündigung nur Briefe, die auch den automatischen, maschinellen Sortierprozess durchlaufen. Nicht dazu gehören etwa Expresssendungen oder Schriftstücke aus Postzustellaufträgen, etwa Briefe vom Amtsgericht.
Verbraucher sollten Adressaten einbeziehen
„Mit der Briefankündigung führen wir E-mail- und Briefverkehr in einem Postfach zusammen.“
Jan Oetjen Geschäftsführer
GMX und web.de
Da der Empfänger für den Service seine Einwilligung erteilt, sei die Datenverarbeitung rechtlich unbedenklich, sagt Julia Gerhards, Datenschutzexpertin der Verbraucherzentrale Rheinland-pfalz. „Interessanter ist, dass ja auch die Daten des Briefversenders verarbeitet werden.“Hier sei es ein „beachtlicher Schritt“von Umschlagfotos, die intern zur schnelleren Sortierung gemacht würden, hin zu Fotos, „die an Dritte per Mail zur Verwaltung im Mailpostfach oder einer App geschickt werden“, so Gerhards. Sie hält es für „fraglich, ob nicht das Interesse des Briefversenders daran, dass seine Daten nicht per Mail übermittelt werden, das Informationsinteresse des Briefempfängers überwiegt.“Nutzer sollten sich vorher Gedanken machen, ob auch ihre Adressaten mit Digitalisierung und Versand einverstanden sein werden.