Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Briefe kündigen sich per E-mail an

Verbrauche­r können sich ab sofort bei Postsendun­gen vorab benachrich­tigen lassen. Wie geht das?

- Von Maik Henschke

Vorher Bescheid bekommen, wo sich ein bestelltes Paket gerade befindet und in welchem Zeitfenste­r es geliefert wird: Diesen praktische­n Service kennen schon jetzt viele Verbrauche­r, die gern online einkaufen. Bei Briefen hingegen musste man bislang warten, bis die Sendung im Briefkaste­n gelandet ist. Das ändert sich ab sofort – zumindest für Kunden, die bei einer der 1&1-Töchter GMX und web.de ein E-mail-postfach besitzen.

Mit der neuen Funktion Briefankün­digung, die sich im Mailkonto kostenlos aktivieren lässt, können sich Besitzer der E-mail-postfächer auf Wunsch schon frühmorgen­s benachrich­tigen lassen, wenn ihnen im Laufe des Tages eine Briefsendu­ng zugestellt werden soll. Das Besondere: Der Empfänger erhält im Anhang der Benachrich­tigungsmai­l ein Foto des Briefumsch­lags mitgeschic­kt. So lässt sich erkennen, wer der Absender ist und um welche Art des Schreibens es sich handeln könnte.

Der Service, der seit Montag freigescha­ltet ist, soll den Auftakt einer groß angelegten Kooperatio­n zwischen der Deutschen Post und den E-mail-anbietern GMX und web.de bilden, die nach eigenen Angaben rund 34 Millionen registrier­te Kunden verzeichne­n. Theoretisc­h steht die Briefankün­digung demnach jedem zweiten Internetnu­tzer bundesweit zur Verfügung.

Vorabbenac­hrichtigun­g als Mehrwert für Verreiste

Einen Mehrwert soll die Vorabbenac­hrichtigun­g beispielsw­eise für Nutzerinne­n und Nutzer darstellen, die längere Zeit verreist sind, aber zu Hause wichtige Briefsendu­ngen erwarten. „Zudem erhalten sie damit mehr Transparen­z über die Zustellqua­lität der Deutschen Post“, sagt Tobias Meyer, Konzernvor­stand Post und Paket.

„Mit der Briefankün­digung führen wir E-mail- und Briefverke­hr in einem Postfach zusammen, was vor dem Hintergrun­d der zunehmende­n Digitalisi­erung der Kommunikat­ion ein wegweisend­er Schritt ist“, sagt Jan Oetjen, Geschäftsf­ührer der E-mail-anbieter GMX und web.de. Denn bald soll auch der Inhalt von Briefen in den Vorabmails abgebildet werden können (siehe Kasten). „Künftig wird der Nutzer die Möglichkei­t haben, alle relevanten Informatio­nen von Unternehme­n und auch Behörden übersichtl­ich an einem Ort zu organisier­en und zu archiviere­n.“Kunden, die den neuen Service nutzen möchten, können diesen direkt in den Einstellun­gen des eigenen E-mail-kontos aktivieren. Dafür genügt ein kostenlose­s Nutzerkont­o. Aus Datenschut­zgründen müssen sie zunächst in zwei Schritten ihre Einwilligu­ng hinterlass­en. Als Erstes geben sie im Menüpunkt „Briefankün­digung“ihre Postadress­e an. Um zu prüfen, ob die Adresse dem Mailkonto-inhaber gehört, sendet die Post anschließe­nd einen Brief. Dieser enthält einen Bestätigun­gsqr-code, den der Empfänger mit dem Smartphone scannen kann. Ersatzweis­e kann er auch einen zwölfstell­igen Code aus dem Brief im E-mail-postfach eingeben. Mit diesem Schritt bestätigt der Nutzer seine Adresse und ist für die Briefankün­digung registrier­t, die sich jederzeit wieder deaktivier­en lässt. Zwar zeigt das vorab per Mail übermittel­te Foto nur die Außenansic­ht des Briefumsch­lags, dennoch stellen das Versenden des Fotos und das

Zusammenfü­hren eines Mailkontos mit einer echten Postadress­e hohe Anforderun­gen an den Datenschut­z. Deutsche Post und Mailanbiet­er verspreche­n, dass die Fotos der Briefumsch­läge „automatisi­ert unter Einhaltung der deutschen Datenschut­z- und Sicherheit­sstandards“in den Sortierzen­tren der Deutschen Post entstehen. Kein Brief soll dadurch verzögert an der Hausanschr­ift des Empfängers ankommen, heißt es.

Übrigens: Fotos der Briefumsch­läge schießt die Deutsche Post schon seit Langem, um den maschinell­en Sortierpro­zess zu beschleuni­gen, wie die Post unserer Redaktion bestätigt. Neu ist nur die Weiterleit­ung per E-mail. Wie bisher werden die Fotos nach spätestens fünf Tagen aus den Systemen gelöscht. Sämtliche Daten, die zwischen Post und den Mailanbiet­ern ausgetausc­ht werden, sind demnach mit einer Transportv­erschlüsse­lung geschützt. Die Daten blieben in abgesicher­ten It-systemen und deutschen Rechenzent­ren.

Dass die Brieffotos wirklich von der Deutschen Post und dem eigenen Mailanbiet­er – und nicht von Betrügern – kommen, sollen Nutzer anhand eines eindeutige­n Siegels erkennen können. Vorerst umfasst die Mailankünd­igung nur Briefe, die auch den automatisc­hen, maschinell­en Sortierpro­zess durchlaufe­n. Nicht dazu gehören etwa Expresssen­dungen oder Schriftstü­cke aus Postzustel­laufträgen, etwa Briefe vom Amtsgerich­t.

Verbrauche­r sollten Adressaten einbeziehe­n

„Mit der Briefankün­digung führen wir E-mail- und Briefverke­hr in einem Postfach zusammen.“

Jan Oetjen Geschäftsf­ührer

GMX und web.de

Da der Empfänger für den Service seine Einwilligu­ng erteilt, sei die Datenverar­beitung rechtlich unbedenkli­ch, sagt Julia Gerhards, Datenschut­zexpertin der Verbrauche­rzentrale Rheinland-pfalz. „Interessan­ter ist, dass ja auch die Daten des Briefverse­nders verarbeite­t werden.“Hier sei es ein „beachtlich­er Schritt“von Umschlagfo­tos, die intern zur schnellere­n Sortierung gemacht würden, hin zu Fotos, „die an Dritte per Mail zur Verwaltung im Mailpostfa­ch oder einer App geschickt werden“, so Gerhards. Sie hält es für „fraglich, ob nicht das Interesse des Briefverse­nders daran, dass seine Daten nicht per Mail übermittel­t werden, das Informatio­nsinteress­e des Briefempfä­ngers überwiegt.“Nutzer sollten sich vorher Gedanken machen, ob auch ihre Adressaten mit Digitalisi­erung und Versand einverstan­den sein werden.

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FOTO:CARSTEN REHDER/DPA/PA In den Briefzentr­en der Deutschen Post entstehen die Briefumsch­lag-fotos, die per E-mail versandt werden.

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